Die Gewürzinsel Sansibar oder … Eintauchen in die Welt des Islam

 

UNSERE FAHRTROUTE NACH SANSIBAR UND ZURÜCK DURCH DAS FESTLAND VON TANSANIA BIS ZUR GRENZE SAMBIAS

 

 

Sansibar ... es klingt ein bisschen nach 1001 Nacht oder Aladdin und die Wunderlampe.

 

Was auf jeden Fall mit diesen beiden Stichworten zu tun hat, ist der Fakt, dass Sansibar immer mit der arabischen Welt zu tun hatte, denn es gehörte in seiner Historie (1698 - 1861) zum Sultanat Maskat, der Hauptstadt des Oman. Und somit ist auch die große muslimische Mehrheit in der Bevölkerung zu erklären. Auf Sansibar befand sich in der geschichtlichen Nachfolge dann ein britisches Protektorat. Regiert wurde es aber weiterhin von lokalen Akteuren in der Politik und nicht von Briten. Die Briten setzten sich mit den Arabern wegen des intensiven Sklavenhandels auseinander und konnten im Laufe der Geschichte ein Verbot durchdrücken. Der Sklavenhandel war für die Araber sehr lukrativ. Daneben gab es den Handel mit Elfenbein und Gewürzen, vornehmlich Nelken. Jeder hat in seiner Küche schon einmal Koriander, Nelken, Muskat oder Zimt verwendet. Aber weiß man, wie diese Pflanzen in der Natur aussehen und welches Bild sie im erntereifen Zustand abgeben?

 

Heute besteht auf Sansibar eine sichtbare Autonomie vom Mutterland, der Republik Tansania, zu dem es geographisch gehört. Es gibt einen eigenen Präsidenten und ein Parlament und  auch eine eigene Gerichtsbarkeit. Sansibar bildet somit einen Teilstaat in der Republik.

 

Für uns stand fest: Wir sind so nah an dieser Inselgruppe, zu der auch noch die Nachbarinsel Pemba gehört, dass ein Besuch angesagt ist. Damit uns dieser Aufenthalt auch organisatorisch gut gelingt, sind wir von unserem Campingstandort mit der Fähre über den Fluss in die City von Dar es Salaam gefahren. der Fährverkehr nach Sansibar ist recht gut geregelt. die Insel wird mit Schnellfähren angefahren, die ca. 2 Stunden benötigen. 

 

17. Januar 2019

 

Da liest man im Reiseführer, dass man sich auf der Straße nicht von Tickethändlern abfangen lassen sollte - und genau das passiert uns. Wir werden durch einen solchen Bauernfänger in ein Büro mit der Aufschrift "Azam Ferries" (eigentlich die richtige Fährgesellschaft) begleitet. Beim Ticketkauf mittels VISA-Karte müssen wir dann feststellen, dass auf den Ticketpreis eine Kommissionsgebühr aufgeschlagen wird. Das macht man trickreich ganz ohne vorherige Absprache und Kommentar, indem man bei der Kartenzahlung einfach eine höhere Summe in das Kartenlesegerät eintippt. Das ist nicht fair. Wir verfolgen Gott sei Dank den Vorgang aufmerksam und rechnen gleich nach. Prompt brechen wir den "Deal" ab und wandern protestierend zur Tür hinaus.

Nächster Anlaufpunkt war dann das Original-Fährbüro, wo wir dann auch einige Euros zum Voranbieter einsparten.

 

Schwitz! Wo ist eine Ausruhmöglichkeit? Die Hafenpromenade, gesäumt von Wolkenkratzern mit großen, modernen Glasfassaden, bot keine netten Straßencafés. Parks waren auch nicht in der Nähe. So blieb es bei einer "Steh-Cola" an einem kleinen Geschäft, bevor wir wieder den Rückzug per Fähre auf die andere Seite der Hafenmündung antraten. Dann mit Tuc-Tuc direkt zum Campingplatz und Beine hochlegen. Die Schwüle macht einem total fertig.

 

Unsere Fahrt nach Dar es Salaam zum Ticketkauf:

  

 

18. Januar 2019

 

Abreisetag nach Sansibar. Frühmorgens hieß es die Vorbereitungen zu beenden. Rucksack fertig packen. Dachzelt einklappen. Auto auf neuem Standplatz parken und dann tschüss. Unser Tuc-Tuc vom Vortag wartete tatsächlich pünktlich vor der Einfahrt zum Campingplatz! Dafür wollte unser junger Fahrer dann zum Schluss gleich den doppelten Preis nach dem Motto: Er musste ja extra anfahren. Dass er das am Vortag auch abfahren musste, nur in umgekehrter Reihenfolge, ist im wohl in diesem Moment nicht bewusst gewesen. Nun gut. Unterstützen wir die Jugend. Hans verzichtete in dem Moment auf größere Argumentation, um unseren Trip-Start nicht unschön zu beginnen.

 

Es war schwül wie gestern. Der ungewohnte, schwere Rucksack drückte. Immer wieder suchten wir Mäuerchen zum Ausruhen. Dann mussten wir noch Geld tanken, denn Sansibars Banken cremen ab, was Gebühren anbelangen. Am Vortag hatten wir schon eine Odyssee hinter uns. Mehrere Banken wurden "getestet". Man wollte doch tatsächlich für eine Abhebung von 160 Euro Gebühren von 7 Euro verlangen. Nicht mit uns. Wir fanden dann in der Zentrale von der Bank of Africa einen kostengünstigen Automaten.

 

Die Wartezeit bis zum Ablegen der Fähre wurde recht lange. Wir saßen ganz hinten in der Wartehalle. Man konnte die Reisenden somit gut beobachten. Etwas auffallend: Einige weiße Frauen kamen mit einem Schwarzafrikaner an. Ein Lover auf Zeit? Die andere Komposition gibt es auch: Weißer Mann mit schwarzer Frau. 

 

Da wir hinten saßen, kamen wir als Letzte in die Fähre und fanden nur schlechte Plätze. Super gekühlter Passagierraum, der einen sofort nach der Jacke suchen ließ, und blödes Spielfilmprogramm auf übergroßem Bildschirm. Alles in allem keine schöne Erfahrung.

Die ersten Berührungen mit Obrigkeiten: Auf der Hafenfähre frühmorgens wurde kein Fotografieren erlaubt und hier musste man das Außendeck vor der Hafeneinfahrt verlassen. In islamisch geprägten Regionen ist es verboten, öffentliche Gebäude zu fotografieren.

 

Der nächste Autoritätsakt: Wir sollten unsere Pässe bei der Einwanderungsbehörde vorzeigen. Einwanderung? Hans entrüstete sich. Wir sind doch hier noch in Tansania. Nein, hier schlug die Allmacht des Teilstaates Sansibar zu und wir hatten brav unser Kärtchen auszufüllen, was wir nur widerwillig taten. Dann sich durchschlagen durch die vielen wartenden Taxifahrer und Hotelzimmer-Verkäufer und mit Smartphone in der Hand Richtung Stonetown, der Altstadt von Sansibar-Stadt.

 

In einem Zickzack näherten wir uns unserer Unterkunft "Zanzibar-Lodge". Beim Eintreten mussten man etwas die Augen vor dem Durcheinander verschließen, aber das Zimmer für 17 Euro die Nacht war ordentlich. Gegenüber ist eine Madrassa-Schule, also Koranschule. Wieder eine direkte Berührung mit dem Islam. Die jungen Mädchen mit ihren weißen Kopftüchern taten meiner europäisch-liberalen Seele etwas weh. Welches Mädchen entscheidet sich hier freiwillig für das Kopftuch oder später für/gegen den Schleier? Während ich mir meine Kleider jeden Tag selbst aussuchen kann, ist diese Kleiderwelt restriktiver geordnet. Und es muss in diesen schwarzen Kleidern doch sehr heiß sein. Aber die Hitzeregulation von Schwarzen muss anders funktionieren, wenn man im Schulpulli den ganzen Tag herumrennt.

Wir besuchen die Altstadt. Das Emerson-Spice Hotel hat nach arabischer Sitte einen quadratischen Innenhof und ist mit altem Mobiliar ausgestattet. Die  alten Türen haben Eisendornen, früher zur Abwehr ungebetener Gäste.

 

 

Wenn man auf Sansibar ist, dann "muss" man an einer Gewürztour teilnehmen. Sansibar wurde besonders durch seine Nelkenproduktion berühmt. Nelken müssen arbeitsintensiv von Hand gepflückt werden und werden zweimal im Jahr geerntet. Und wer machte diese Arbeit in der Vergangenheit? Natürlich Sklaven. Sansibar war ein zentraler Umschlagort für den Sklavenhandel aus diversen afrikanischen Ländern (Kongo, Ruanda, Kenia, Tansania, Malawi etc) für den vorderen Orient, England und weitere Länder. 

 

Die Tour war unspektakulär. Ich hätte gerne die Verarbeitung der Gewürze erfahren. So sind wir aber "nur" durch eine Schau-Plantage hindurch gewandert. Interessant war, verschiedenste Rohgewürze zu erschnuppern und erraten zu können. Auch konnten wir einige Früchte, wie die Jakobsfrucht, geschmacklich testen.

Der Gang zum Strand fiel dann flach. Wie so oft, werden vorherige Verheißungen nicht komplett erfüllt oder abgewandelt. Also doch "Chicken Tour".

 

 

Ich habe die Bilder beschriftet:

 

Wir hatten auf unserer Gewürztour eine ganz nette deutsche Ethnologie-Studentin als Begleitung. Sie ist ein halbes Jahr ihres Masterstudiums in Dar es Salaam und hat eine interessante Thesis. Sie untersucht die westlichen Einflüsse auf die Haartracht der afrikanischen Frauen. Ein Punkt, den uns auch immer wieder beschäftigt hat, denn viele afrikanische Frauen lassen langes Kunsthaar in ihre Zöpfe einflechten. Auch sieht man unnatürlich glatte schwarze Haarfrisuren. Wie kann man das herstellen?

 

Wir erfahren, dass gewisse Haartrachten mit Rastazöpfen schon vor der Kolonialisierung eingeführt waren. Sie sind wohl somit nicht Ausdruck von westlichen Vorbildern. Bei glatten Haaren ist zu hinterfragen, welche Wünsche bei den Frauen geweckt werden. Vielleicht doch der Blick gen Westen? Chemische Mittel und Haarglätter müssen herhalten, um dieses Endergebnis von glatten Haaren zu erhalten. Manchmal tut es auch eine Perücke. Neu für mich ist, dass die natürlichen Lockenhaare der Afrikaner nur sehr langsam wachsen. Daher wohl der Griff zum Kunsthaar. 

 

Die Frisurenvorschläge habe ich bei einem Friseur in Nungwi fotografiert:

 

 

 

Abends haben wir unser Restaurant "Lukmaan" gleich in der Nähe unserer Unterkunft aufgesucht. Daneben, an einem zweiten Restaurant, war dieser junge Bäcker/Koch. Heute mussten wir ihm ein sogenanntes Naan-Brot abnehmen. Am Vorabend hatten wir schon Kontakt mit ihm und bekamen eine nette Demonstration, wie dieses dünne Brot gebacken wird. Der Bäcker hatte wirklich schauspielerisches Talent, besonders beim Herausholen seines Produktes.

 

 

Sansibar Stadt:

Wir haben uns in einem Online-Reiseführer etwas vorab belesen. Aber Lesestoff und Wirklichkeit unterscheidet sich halt doch voneinander. Was bei der Ankunft mit der Fähre zuerst auffällt, sind die Massen von Touristen. Es ist für uns als Individualreisende nicht sehr angenehm, auf große Gruppen von Pauschaltouristen zu stoßen, die mit einem Führer diverse Stationen in der Stadt abgehen. Wir möchten uns unabhängig orientieren und uns auch unser Urteil unbelastet über Sansibar bilden.

Sehr auffallend ist auch der marode Zustand der alten Bausubstanz Sansibars. Hans traf mit seiner Äußerung ins Schwarze: Die Altstadt ist voll von schimmelbesetzten Hausfassaden. Ein riesiger Renovationsstau, der wohl nicht mehr zu beheben ist.  2016 drohte die UNESCO, Sansibar-Stadt den Status als Welterbe-Stadt abzuerkennen, wenn nicht schnell etwas gegen den Verfall getan wird. Nun versucht die Stadt dagegen anzukämpfen. Dennoch sieht man nur wenige Gerüste und Bauvorhaben an den historischen Gemäuern. Nachdem am "House of Wonders" 2012 Balkone abstürzten, ist dieses geschlossen und wird derzeit saniert.

 

20. Januar 2019

Um noch etwas anderes von der Insel Sansibar zu erleben, nehmen wir heute einen Dalla-Dalla-Bus nach Nungwi. Das Busfahren darf man sich nicht so vorstellen wie auf dem europäischen Festland. Erst einmal ist es eine Kunst, einen Sitzplatz zu ergattern. Wir hatten einen Helfer, der unsere zwei großen Rucksäcke durch ein offenes Busfenster auf die hintere Sitzreihe bugsierte. Mit ihm verhandelten wir auch unseren Ticketpreis. 7500 tansanische Shilling pro Person, also 3 Euro, für die Fahrt von etwa 60 km. Zum bequemeren Sitzen dann noch 5000 TSh für den Platz für die Rucksäcke. Das geht in Ordnung. Dieser Platz für unsere Backpacks musste aber verteidigt werden, denn so mancher afrikanische Hintern hatte es darauf abgesehen.

Der "Schnell"- Bus hält nicht an jeder Haltestelle. Der Schaffner schaut aber schon darauf, dass die Sitze belegt sind und es werden dann auch Bedarfshaltestellen angefahren. Voll heißt: Durch Klappsitz werden die 4er-Reihen zu 5-Sitz-Reihen. Da muss man dann schon seine Beine sortieren und ist auf Tuchfühlung zum Nachbarn. Und nicht alle sind buskonform in ihrer Körperfülle. Für mich heißt das dann: Halber Platz für Petra, 1,5-Platz für die afrikanische Lady mit dickem Hintern. Steigt jemand von hinten aus, muss er über die Anderen drübersteigen. Das wird dann bei dem Gepäck und der Fülle von Körpern zum akrobatischen Akt. Aber es geht. Danach wird wieder umplatziert, aufgerückt, zusammengedrückt. Doch das ist ja alles hinnehmbar. Man muss sich nur im Geiste vorstellen, dass ein Taxi zwischen 25 und 35 Dollar für die Strecke kostet.

Was nicht so hinnehmbar ist, ist die Tatsache, dass die Busfahrer ein Kampfrennen auf der Straße austragen. Einer überholt den anderen. Man meint, ein Bullirennen ist entfacht. Baustellen mit ruppigen Straßen werden herzhaft und schnell überwunden. Egal, wie sehr es die Kundschaft durchrüttelt. Vorsichtig schaue ich zurück, um das Gesicht von Hans zu taxieren. Klar. Es dauert nicht mehr lange und mein Superfahrer nimmt sich den Busfahrer zur Brust. Er konnte sich noch zurückhalten. Doch kurz nach dem Aussteigen musste er dann seinen Ärger loswerden. Ich betitele die 1,5 Stundenfahrt mit: Kriminelle Fahrweise, alles noch mal gut gegangen.

 

Äußerst freundlich wurden wir von Abu und Ahmed vom Maghribini House empfangen. Und nicht nur die Beiden begrüßten uns: Nein, eine ganze Hundegruppe kam schwanzwedeln an, um den Gästen auf Zeit Hallo zu sagen:

 

 

Am Nachmittag:

Nungwi ist ein kleines Fischerörtchen an der Nordspitze Sansibars, um das sich Hotels und Bars ranken. Hier findet man die weißen Strände mit dem türkisblauen Meer. Allerdings nicht die Inselidylle pur, denn bei Flut sammelt sich in Nungwi alles auf den kleinen Reststrändchen, die noch verbleiben. Und das Hinterland mit Dorf und Buschland trübt auch die Idylle. Müll liegt überall, diverse Fischgerüche liegen über dem Dorf und die Mietautos der Urlauber quälen sich durch die Dorfpisten und hinterlassen Staubwolken. 

Somit verwerfen wir auch unseren Plan, irgendwo an der Küste zu Abend zu essen und setzen uns zu einem kleinen Imbiss im Dorf. Der Verkäufer macht uns eine Portion Pommes fertig, die wir dann gleich zu uns nehmen. Um uns herum findet das Dorfleben statt und so hat man seinen Unterhaltungsfilm beim Essen.

 

 

21. Januar 2019

 

Ahmed hat  für uns am nächsten Tag eine Schnorcheltour am Mnemba Atoll organisiert: 

 

Die Crew war eifrig bemüht, uns etwa dreißig Schnorchelaspiranten zufrieden zu stellen. Ismael auf dem 2. Bild turnte wie ein Affe herum, um das Segel herunterzulassen. Er bereitete auch geschickt den Thunfisch zu. Dieser wurde später über einem Holzkohlefeuer in Alufolie gegart. Das Ganze fand natürlich auf dem Schiff statt, während wir im Wasser turnten.

 

 

Tina and Neja aus Slowenien:

Die Beiden wohnten auch in unserer Unterkunft, der Maghribini Lodge. Und durch Zufall sind sie auch mit dem gleichen Boot zum Schnorcheln gefahren. Somit kam es, dass wir uns intensiver mit den Beiden unterhalten konnten. Es waren nette gemeinsame Stunden.

 

 

Viele Fische erwarteten uns beim Schnorcheln. Die Artenvielfalt war größer als bei unseren bisherigen Schnorcheltouren. Dafür war die Korallenwelt sehr eintönig:

 

 

Tolles, türkisblaues Wasser. Ganz so, wie man sich eine Insel im Indischen Ozean vorstellt. Die Insel im Hintergrund, nahe des Mnemba Atolls, gehört Bill Gates. Daher konnten wir auch nicht anlanden.

 

Am 22. Januar ging es dann mit einem Dalla-Dalla Bus wieder zurück nach Sansibar-Stadt (ja wirklich, wir wagten es noch einmal).

Nachmittags habe ich das Sklavendenkmal nahe der anglikanischen Kathedrale besichtigt:

 

Ca. 600.000 Sklaven wurden in Sansibar in der Jahrhundertelangen Sklavengeschichte gehandelt. Die Umstände, die die Sklaven auf ihrer langen Odyssee von Gefangennahme bis zum Verkauf, erdulden mussten, waren haarsträubend. Oftmals hatten die in Ketten gelegten Sklaven noch Elfenbeinzähne zu tragen und wurden von den Aufsehern gepeinigt. Auch in diesem System (wie in Konzentrationslagern)  gab es Mastersklaven, die Aufsicht zu führen hatten und dafür etwas besser behandelt wurden. Ziel von Sklavenkarawanen waren Küstenorte in Tansania. Wenn die Sklaven den kräftezehrenden Marsch überlebten, wurden sie von Küstenorten Tansanias weiter verschifft - in alle Welt. Schwarze Sklaven arbeiteten auf den Plantagen in Sansibar oder La Reunion etc. Sklavinnen waren Konkubinen für reiche Araber oder mussten als Arbeiterinnen in Haushalten dienen. Sklaven wurden kastriert und als Wächter von Harems eingesetzt. Mit den Kindern von Sklavinnen wurde brutal umgegangen - oft ermordet oder aber weiter verkauft.

 

Die Briten, so eigentümlich das klingen mag, setzten ein Verbot des Sklavenhandels bei den Arabern durch. Offiziell wurde die Sklaverei 1897 in Sansibar abgeschafft. Dennoch führten die Araber dies noch bis 1907 weiter. Besonders der englische Entdecker Livingstone setzte sich in England für die Abschaffung ein. An der Stelle des früheren Sklavenmarktes wurde die anglikanische Kathedrale in Sansibar-Stadt gebaut. 

 

Was noch eindrucksvoller bei der Begehung war, ist die Tatsache, dass es natürlich bis heute in der ganzen Welt noch Sklaven gibt. Diese moderne Form der Sklaverei ist subtiler, aber in ihren Auswirkungen genauso unmenschlich und entwürdigend. Die Schautafeln zeigten die verschiedenen Formen der modernen Sklaverei auf (s. unten).

 

 

Ebenfalls nachmittags haben wir unser Fährticket für den nachfolgenden Tag besorgt. Dann ging es abends zu den Forodhani Gardens an der Promenade. Dort sind zum Einbruch der Dunkelheit Imbiss-Stände aufgebaut, die den Touristen eine kleine Bandbreite der Kochkunst Sansibars veranschaulichen sollen. Wir fanden, dass zu wenig frische Gerichte angeboten wurden und dachten an unsere Esshygiene. Also Rückzug in die Altstadt zu bekannten Örtlichkeiten, die keine Magenbeschwerden verursachen können. Krönender Abschluss dann ein Chiabatte, eine Art arabischen Pfannkuchen. Hans ergatterte ganz Frische, die wir dann mit Zucker verfeinerten. Hmm! Ein Bildbeweis ist unten:

 

 

Wir haben unsere Tickets für den 23. Januar. Um die Morgenruhe und -kühle auszunutzen, haben wir die Fähre um 7 Uhr gebucht. Unten seht ihr die Schnellfähre  "Kilimandjaro V"in den Hafen von Sansibar-Stadt einfahren:

 

 

 

 

Sansibar adé. Es war ein kurzer Aufenthalt und es ist überhaupt keine Wehmut da, denn wir haben uns in diesen doch etwas zerfallenden Gemäuern der Altstadt nicht wohl gefühlt.  Wir sahen zwar an der Küsten, besonders in Kembwa Rocks, Luxus-Lodges. Aber wer will das? Leben in einer Satelliten-Lodge und rundherum ein Hinterland vollbeladen mit Müll, nur mit schlechten Wegen ausgestattet und fehlender sonstiger Infrastruktur? Wieder denken wir sehr europäisch und wollen etwas mehr Sauberkeit.

Doch nicht nur wir. Auch der Besitzer des Maghribini Hauses in Nungwi, selbst Muslim, möchte gerne mit anderen Gasthäusern und Lodges eine selbstfinanzierte Initiative der Besitzer auf den Weg bringen, dass die Wege regelmäßig gesäubert werden und die Müllabfuhr funktioniert. Doch der örtliche "Bürgermeister" weiß nicht so recht, was er mit seinem Amte anfangen soll und wie das umzusetzen sei. Und so bleibt das Vorhaben in den Kinderschuhen stecken...

 

Von der Fähre, ein letzter Fotoblick zurück zur Hafenpromenade von Sansibar-Stadt. Alles liegt noch im Morgengrauen:

 

 

Die Skyline von Dar es Salaam bei unserer Fährankunft:

 

 

Gott sei Dank war das Wetter am Abreisetag bedeckt. Zurück auf unserem Campingplatz bei Dar es Salaam wurden wir sogar mit einer frischen Brise empfangen, die uns das Leben in diesem feuchtschwülen Klima etwas erleichterte. Die Luft war so feuchtigkeitsgesättigt, dass sie sich an dem Mückennetz des Dachzeltes niederschlug.

Die nächsten Tage brachten uns viele Einsichten in das schwierige Leben von Expats in Tansania.. Wir erfahren immer mehr über die Haltung der Regierung zu Betrieben, die von Ausländern geführt werden. Die Bedingungen, ein Business in Tansania zu betreiben, haben sich mit der neuen Regierung verschlechtert. Ich konnte es kaum glauben, dass ein Betrieb, der doch vielen Leuten Arbeit gibt, nicht willkommen geheißen wird im Staate Tansania. Stattdessen wird wohl eher darauf spekuliert, dass den Ausländern die Puste ausgeht oder sie keine Spannkraft mehr haben, Restriktionen hinzunehmen. Vielleicht spekuliert der Staat auch darauf, dass verlassene Betriebe von Schwarze übernommen oder geführt werden.

Schon etwas schwierig nachzuvollziehen, dass sogenannte "Aufbauhilfe" nicht estimiert wird.  Einige unserer Gesprächspartner möchten daher auch das Land verlassen. Bereits 80.000 - 100.000 Expats haben dies bereits gemacht und Tansania den Rücken gekehrt. Man befürchtet in Expat-Kreisen eine ähnliche sich entwickelnde Staatsform wie derzeit in Ruanda. Seitens der Behörden gibt es zunehmend Kontrollen und Restriktionen. Schade, wenn Fachexpertise das Land verlässt.

 

Die Weltbank hat derzeit die Hälfte ihrer Förderungen zurückbehalten, da der tansanische Präsident John Magufuli sich gegen ein konsequent durchgeführtes Familienplanungsprogramm mit Verhütung ausgesprochen hat. Die Haltung von J. Magufuli hat auch Kritik bei vielen internationalen Organisationen ausgelöst. 

Sind wir hier in "Hahndorf"? Der letzte Tag auf dem Campingplatz in Dar es Salaam mit Besuch von Hahn und Henne. Wir erhielten aber keine Eier zum Dank für die ausgeworfenen Brotkrümmel:

 

 

24. Januar 2019

 

Noch im Dunkeln sagen wir Dar es Salaam Adieu und verlassen die Stadt auf dem äußeren Ring gen Westen. Ein langer Fahrtag steht uns bevor. Durch die vielen zu durchfahrenden Dörfer wird sich unsere Durchschnittsgeschwindigkeit für die gut 300 Kilometer in einem Bereich von maximal 50 km/h bewegen. Es war dann sogar noch länger. Mit Pausen haben wir 9 Stunden bis zu unserem Ziel in Mikumi gebraucht. 

Schuld daran waren 5 Polizei-Stopps. Ja wirklich! Zweimal wollten sie uns wegen falschen Überholens belangen. Dreimal gab es einfach nur Nachfragen und Small-Talk. Bei Hans stellen sich mittlerweile die Rückenhaare hoch, wenn er die weiß bekleideten Amtsinhaber sieht. Es war für ihn daher auch nicht schwer, lautstark seine Rechte als unbefleckter, schuldloser Autofahrer zu verteidigen. 

Es ist auch echt unerhört, wenn man nur deswegen angehalten wird, weil man hinter einem LKW ausgeschert hat, um sich freie Sicht zu verschaffen und sich über den Gegenverkehr zu orientieren. Das wird schon als Überholen (bei durchgezogenem Strich) ausgelegt. Die Auseinandersetzung hatte echt Würze. Letztendlich holte man einen Offizier der Armee, einen Hauptmann, der sich in Deeskalation übte (Frau hat erst einmal den Mund zu halten, erst wird der Mann gehört...). Er konnte es nachvollziehen, dass wir keinen "vollen Überholungsakt" vollführt hatten und wir durften weiterfahren. Nicht ohne dass Hans noch seine üblen Erfahrungen mit der strafe- und geldhungrigen tansanischen Polizei vom Stapel ließ. Der Hauptmann gab sich als Kontrolleur der hiesigen Polizeistreife aus. Übrigens: Frau wurde dann nicht mehr gehört...

 

Zweite Straftat: Man überholt bei durchgezogener Mittellinie keinen kriechenden (10 km/h) LKW, der vermutlich nicht mehr den Berghang hinaufkommt sondern gleich liegen bleibt. Ein bisschen Argumentation (holt doch das Hindernis von der Straße statt uns..) und auch hier hatte man Gott sei Dank keine Geduld mit der Klärung. Gleichzeitig könnten einem ja wertvolle tansanische Shillings bei anderen Verkehrstätern durch die Lappen gehen.

Mittlerweile muss ich aufpassen, dass diese Polizeigeschichten nicht zu bloglastig werden. Aber egal - der tansanische Staat braucht Geld und was ist leichter als es auf der Straße einzutreiben. Anscheinend ist man auch sehr findig bei der Aufstellung von neuen Steuern. Oder aber Geschäftsleute, z. B. Restaurants, bekommen Besuch von Gesundheitsbehörden und dann wird gesucht und gesucht...

 

Übrigens bezeichnend: Der Präsident bekam diese Tage Besuch von einer Delegation von hohen Geistlichen, sowohl des Islam wie auch der christlichen Kirche. Und das Thema war klar: Die Bevölkerung leidet unter der brachliegenden Wirtschaft und den infrastrukturellen Problemen. Aber wen kümmert schon das Individuum in der armseligen Hütte? Ausbrechenden sozialen Unfrieden wird es  in Tansania nicht öffentlich geben. Dazu gibt es diverse Abwehrmaßnahmen...

 

 

Auf unserer Fahrt Richtung Mikumi zur Tan-Swiss Lodge mit Schweizer Besitzer durchfuhren wir auch den Mikumi Nationalpark. Schon etwas seltsam, wenn die LKWs da hindurchrattern und links und rechts die Tiere recht ungerührt aufblicken.

Für meine Freundin Gaby, der Giraffen-Liebhaberin, extra ein Bild mit großer "Giraffendichte". Entstand ganz in der Nähe des Eingangs zum Nationalpark.

 

 

Die folgenden Bilder sind in ihrer Thematik teils eine Wiederholung. Aber es sind die Themen, die mich unterwegs berühren:

Der Schienenverkehr funktioniert in Tansania so gut wie gar nicht. Hier ein Einzelexemplar - die Verbindung Dar es Salaam nach Mbeya.

 

 

25. Januar 2019

 

Es geht in die nächste Etappe Richtung Westen. Sie führt uns von unserem Übernachtungsstandort Mikumi über Iringa zum Standort "Old Farmhouse Kisolanza". Hier schließt sich der Kreis in Tansania, waren wir doch am 28. Dezember 2018 auch schon auf der Farm. Wir freuten uns sehr auf das Hochland (ca. 1.800 m), die kühleren Verhältnisse und den leckeren, frischen Salat aus der Farmküche. Die Fahrt führte uns auf dem Dar es Salaam-Malawi-Highway (T1) durch imposante Täler, die von Baobab-Bäumen (Affenbrotbaum) nur so strotzten. Es gab nette Fotomotive:

 

 

Lange Fahrzeiten tun unseren Gliedern nicht gut. Steif steigen wir aus dem Wagen und versuchen geregelte Pausen einzulegen. Eine halbe Stunde spazieren gehen, lautet die Devise. Und hier sehen wir die vielen kleinen Quarzbrocken, reinweiß, die in Eimern am Straßenrand angeboten werden. Man versucht alles, um ein bisschen Geld zu erwerben.

 

 

Auto- oder LKW-Fahrer und auch Fahrgäste werfen den Müll einfach aus dem Fenster. Die Paviane haben das gelernt, dass man das Futter mit dem intensivsten Geschmack am Straßenrand auftreiben kann. Viel einfacher, als es vom Baum zu pflücken.

 

 

Die Örtlichkeiten der Kisolanza-Farm sind uns bekannt und trotz düsterem Himmel traten wir unter Bewaffnung, sprich Regenschirm, einen Gang zu den Teichen der Umgebung an. Der tropische Himmel öffnete seine Schleusen und es hat uns dann voll erwischt. Aber so ein Guss ist auch mal eine Abwechslung und hat seine Berechtigung: Wir sind jetzt voll in der Regenzeit. Schuhe voll durchnässt, aber der Rest war nur feucht. Die Schirme haben viel abgehalten.

 

Heute wollten wir es uns mal richtig gutgehen lassen. Mit steigender Fahrbelastung ist das Gefühl stärker, dass man Kompensation braucht. Somit haben wir das Abendmenü auf der Farm gebucht. Wir wissen, dass es auf der Menükarte immer farmeigene Produkte gibt. Und wenn nicht, dann werden sie aus einer  anderen Farm-Verkaufsstelle beschafft. So auch der Käse, den wir mittags schon verschmaust hatten und den wir uns dann selbst noch vier Ortschaften weiter besorgt hatten.

 

Im einem alten strohgedeckten Bauernhaus aus Lehmmauern fand das Abendessen bei Kerzenlicht statt. Das wirkte sehr feierlich. Hans murrte zwar etwas, weil man nicht genau die Qualität des gereichten Fleisches begutachten konnte. Ich fühlte mich bei Tisch ganz wohl, zumal wir deutsche Gesprächspartner zu Tisch hatten. Volkert und Sabine arbeiten als pensionierte Lehrer für den SES, den Senior-Expert-Service. Dieser hatte sie für vier Wochen nach Tansania gesendet, um in Iringa ein berufliches Schulungszentrum zu begutachten und zu beraten. Die Beiden waren in ihrer aktiven Lehrerzeit 11 Jahre in Mexiko-Stadt tätig gewesen und für uns brachte der Austausch viele Erinnerungen an unsere Reisezeiten in Mexiko.

 

 

26. Januar 2019

 

Raus aus den Federn! Aktiv Reisende wollen ihr Reiseland nicht nur "erfahren" sondern auch "begehen". Meist beginnt damit erst das intensive Reiseerleben. Frühmorgens das ländliche Leben erkunden, macht Spaß. Im rechten Bild seht ihr, dass die einheimische Bevölkerung oft ohne Kamin im Haus lebt. Sorgt für "Einräuchern". Und wir diskutieren in Deutschland über Emissionen, Rauchgase usw.

 

Es war prickelnd, bei kühler Morgenluft auf breiten Sandwegen  durch das Farmland zu wandern, den Bewohnern der ländlichen Umgebung bei ihrer Tagesverrichtung zuzuschauen und dem Morgenwelt der bunten Vogelwelt zu lauschen.

Und wer kroch da eiligst durch das hohe Gras? Ein Chamäleon. Doch Hans entgeht nichts. Er hatte den kleinen Knilch schon entdeckt und er wurde zum Ablichten kurz hochgenommen. Dann hat er ihn in den Busch gesetzt und wir konnten beobachten, wie sich die Haut des Chamäleons in ihrer Pigmentierung der veränderten Umgebung anpasste. Vergleicht die beiden Bilder! Erst grün wie die Blätter, dann der Rinde des Astes angepasst.

 

 

Der heutige Ruhetag diente dazu, alles Liegengebliebene wieder einmal aufzuarbeiten: vom Nähen des gebrochenen Moskitonetzes des Dachzeltes bis zum Waschen unserer wenigen Kleidung. Die Wäsche musste trocknen bis zum nächsten Regenguss am Nachmittag. Also forza! Wir entschieden uns dazu, heute Selbstverpfleger zu sein. Gestern konnten wir bei einem Hofverkauf in der Umgebung noch einen schmackhaften Käse ergattern. Den gab es in der Komposition mit Mango - es lebe das Obstangebot in Afrika.

 

27.01.2019

 

Und wieder rollt der Landy. Nun geht es in mächtigen Etappen Richtung Grenze Tansania/Sambia. Der heutige Übernachtungspunkt ist auch eine Wiederholungstat: Das ICC Guesthouse in Mbeya. Von Schweizer Missionaren betrieben und die Speisekarte ist auch mit einzelnen Schweizer Appetithäppchen gespickt. Die gute Küche lockt an. 
Einige Bilder von unterwegs:

 

Die Wasserversorgung auf dem Land ist wichtig. Überall sieht man die gelben Wasserkanister. Manchmal sind bis zu 6-8 Kanister an ein Fahrrad zum Transport gebunden.

In Berührung mit unterschiedlichen Formen des Islam: Hier eine vollverschleierte Frau.

Ländliches Leben, wie in Europa vor ein paar hundert Jahren. Zebu- oder Ochsenkarren und Pflüge.

Mopeds, eine Taxiform auf dem Lande. Hier warten die Fahrer auf den Schulschluss, um einige Schulkinder zu transportieren.