08. März 2019
Die Zeit rast. Tag für Tag ziehen wir am Nordkap weiter gen Süden. Und das heißt - Kapstadt.
Doch noch erwarten uns einige Nationalparks. Auf der Suche nach Wandermöglichkeiten haben wir den Augrabies Falls Park angefahren. Dort wartet der Dassie Trail auf uns. Zwar können wir ihm nur um die 7 km abringen. Doch es sind abwechslungsreiche Wege über Felsen, durch Schilf und dann auch Paviangruppen umrundend. Manchmal mutet es wie ein Suchspiel an, denn gerade die Schilfwege sind schlecht markiert und überhaupt nicht gewartet. Doch das ist die Würze an unserem zweistündigen Marsch, den wir wegen des Klimas in die frühen Morgenstunden verlegt hatten.
Ruhig ist es auf dem Campingplatz. Nur einige südafrikanische Rentner haben sich einquartiert. Und wieder haben wir Glück. Abends bekommen wir Besuch von einem Serval. Es ist zu dunkel, um noch eine Aufnahme von der schönen Wildkatze machen zu können. Klassisches Markenzeichen ist der geringelte Schwanz, der an einen Ringtail erinnert. Nur mit einer schwachen Stirnlampe bewaffnet, sitzen wir einige Meter entfernt da und beobachten das Treiben des Tieres auf Nahrungssuche.
Der Oranje Fluss stürzt in diesem Nationalpark über eine Felsstufe in die Tiefe. Normalerweise sind mehrere Wasserfälle sichtbar. Doch auch hier zeigt sich der Wassermangel und nur noch ein kleiner Teil wird durch den Fluss gespeist. Klippschliefer sind an vielen Stellen zu sehen. Die possierlichen Nager sind aber recht scheu und wollen einfach nicht geduldig sitzen bleiben, um belichtet zu werden.
In dieser Region am Nordkap gibt es noch genügend Wasser und die Tallagen bieten ein Klima, was für den Weinanbau förderlich ist. Und so sehen wir große Rebenanlagen,zum Trocknen ausgelegte Trauben und beobachten Arbeiter bei der Dattelernte. Wir reagieren empört, wenn wir sehen, wie kleine Rasenflächen vor Hausgrundstücken mit Wasser besprengt werden, nur um einen grünen Grasstreifen zu erhalten. Wasser ist immer noch ein kostbares Gut in Südafrika. Was wollen die Eigentümer damit bezwecken. Aktion nach dem Motto "Ich kann's mir halt leisten ?!?"
09.03.2019
Für unsere nächste Übernachtung haben wir Lamberts Bay an der Atlantikküste herausgesucht. Fischessen, Hafenspaziergang und sich den Meereswind um die Nase wehen lassen. Was schläft man gut, wenn man am Strand steht und die Wellen in der Nacht hört!
11.03.2019
Unser Ziel ist es, dass wir uns wieder langsam auftrainieren. Schön wäre es, alle zwei Tage eine Wanderung durchführen zu können. Also recherchiere ich abends nach Parks oder Naturreservaten, die ein Wegenetz anbieten. Und richtig - der Westcoast Nationalpark hat in seinem Programm zwei ausgedehnte Runden à 14 km. Nix wie hin. Liegt ja ohnehin an unserem Weg.
Herbstlich ist es. Zum ersten Mal ziehen wir wieder unsere langen Jacken heraus und sogar die Steppweste wird benutzt. Es nieselt immer wieder. Manchmal gesellt sich auch ein Gewitter mit ausgiebigeren Regenfällen dazu. Da haben wir mehrere Monate nur geschwitzt, kalt geduscht, sind mit nassem T-Shirt ins Auto gegangen, um wenigstens auf den ersten 100 km Abkühlung zu erfahren. Und nun bibbern wir! Unfassbar. Aber irgendwie deutsch, das Schietwetter.
Auf unserer Runde im West Coast Park sehen wir zum ersten Mal Elen-Antilopen. Sie sind die größten Antilopen-Exemplare und wirken in ihren Proportionen eher wie Kühe. Wir kommen auf der Wanderung auch an den Atlantikstrand. Ein toter Wal wurde herangespült und die Möwen machen sich eifrig darüber her. Nach vollbrachter Tat fühlten wir uns richtig gut. Zufrieden. Auf zum
nächsten Wanderziel.
Ein Ziel steht natürlich fest: Der Table Mountain (Tafelberg) von Kapstadt.
Ein bisschen müde und schläfrig fahren wir an der Küste entlang. Welches Bild entwickelt sich vor unseren Augen? Da kriecht eine riesige Wolkenwalze über Berge. Na klar, das kann nur der
Tafelberg mit seiner berühmten Tischdecke sein.
Vom 12, bis zum 15. März sind wir in Kapstadt.
Diese Stadt ist ein Muss für jeden Südafrika-Urlauber. Die Lage am Meer und das Flair erinnern uns ein bisschen an San Francisco. Die gesamte Metropole hat etwa 4 Millionen Einwohner. Die Stadt breitet sich nicht nur, wie auf dem Bild unten, zu Füßen des Tafelbergs aus, sondern hat auch viele Stadtteile im Südosten des Tafelbergmassivs. Sie ist sehr multikulturell. Menschen von unterschiedlicher Herkunft und Hautfarbe haben hier ihr Zuhause (39 % Schwarze, 42 % Coloureds d.h. Mischlinge, 16 % Weiße, 1,4 % Inder bzw. Asiaten).
Um abends etwas Abstand vom Großstadtrummel finden zu können, haben wir uns erst einmal zwei Nächte in Melkbosstrand, 30 km weiter nördlich an der Atlantikküste, einquartiert. Mit etwas Respekt vor der üblichen Großstadtkriminalität halten wir uns fern von den Einkaufszentren in der City oder an der Waterfront. Bei einer kurzen Durchfahrt durch die City haben wir bereits genug Rummel und dichten Verkehr erlebt. Nur noch ein Gedanke bewegt uns - nichts wie raus. Entweder zum Tafelberg oder auf die Kaphalbinsel.
Wir wollen den Tafelberg zu Fuß erklimmen und das erfordert erst einmal Recherche, welche Wege uns offen stehen. Also heißt das Ziel "Kloof Nek". Das ist ein Sattel zwischen Tafelberg und Lions Head mit Parkplatzmöglichkeit. Hier beginnt die Tafelbergstraße, die man teilweise befahren kann. Wir kommen an der Seilbahnstation vorbei und entdecken dann den Ausgangspunkt für die Besteigung über die "Platteklip Schlucht". Es ist nachmittags und es hat eine brütende Hitze. Gott sei Dank bringt eine Brise etwas Erleichterung. Wir nehmen uns vor, am Freitag (15.3.) den steilen Weg auf das Tafelberg Plateau früh anzugehen, um dem Einfluss der Sonne zu entgehen. 2,5 Stunden sind angesetzt.
Bild: Blick von der Tafelbergstraße.
Das zweite attraktive Ziel lockt: die Kaphalbinsel mit dem Kap der guten Hoffnung. Noch fahren wir von Melkbosstrand an und müssen an der City und dem Tafelberg vorbei nach Hoek Bay, einer neuen Bucht. Auf dem Weg liegt die Mautstraße Chapman's Peak. Rassig ist sie in die Felswände an der Küste entlang gelegt. Sie ermöglicht uns tolle Ausblicke.
Im Naturreservat auf der Kaphalbinsel gibt es gleich zwei Punkte, die man besuchen kann. Den Cape Point mit dem südwestlichsten Punkt Afrikas und das Kap der guten Hoffnung mit den Leuchttürmen. Fußwege verbinden die Aussichtspunkte. Vom alten Leuchtturm kann man bis auf einen Felsvorsprung hinausgehen und den Küstenverlauf fotografieren. Man sieht - die Witterung war unterschiedlich und starke Winde toben um die Felsen.
Bild 1: Cape Point
Bild 2: Hans auf dem Aussichtspunkt über dem Cape Point
Bild 3: Felsen am Kap der guten Hoffnung
Bild 4: Blick zu den Kapfelsen
14.03.2019
Einen Tag voller Eindrücke erlebten wir mit Fiona und ihren Kindern im Kirstenbosch Botanischen Garten. Ein guter Platz für einen Treffpunkt mit lauschigen Ecken zum Picknicken, Ruhen oder
Kaffeetrinken.
Unten ist ein Bienenfresser, der sich gerade kopfüber über den Nektar der Blüten hermacht.
Es gab eine Art Baumwipfelpfad (Treetop path), der sich durch Baumkronen hindurchschlängelte.
15.03.2019
Und schon rückt der Freitag heran. Der Tafelberg ruft. Mittlerweile sind wir umgezogen und sind am Froggy Point ("Froschpunkt") auf der Kaphalbinsel beheimatet. Das ist ein ruhiger Campingplatz, der terrassenförmig an einem Berghang angelegt ist. Diese exponierte Lage (wir stehen auf der zweitobersten Terrasse) erweist sich dann aber auch als Nachteil. Das Wetter ändert sich tagtäglich und wir erleben den stärksten Sturm auf unserer Reise. Reine Qualitätsprüfung für das Dachzelt., während in der Nacht der Sturm um das Auto tobte. Während ich darin schlummerte, spazierte Hans um den Wagen, fuhr ihn noch einmal in eine andere Position und überlegte, ob er nicht zum Windschutz hinter ein Haus fahren sollte. Nein, noch nicht. Und so ächzte und stöhnte mein Dachzeltgestänge weiter.
Wie dem auch sei - wir haben es mit mehr oder weniger Schlaf überlebt. Das Aufstehen vollzog sich nach dieser Nacht etwas langsam. Gegen 8 Uhr war dann aber die Abfahrt gewährleistet. Die Fahrt durch die Stadt zog sich dahin und so konnten wir gerade mal um 9:45 Uhr unsere ersten Schritte auf dem Wanderweg über die Platteklip Schlucht angehen. Zu spät! Die Sonne zeigte kein Erbarmen und leuchtete bereits die Schlucht aus.
Zuerst bewegten wir uns flotten Schrittes nach oben. Es waren viele Wanderdurstige unterwegs. Die Wettervorhersage brachte Sonnenschein den ganzen Tag und nicht ein Wölkchen war am sonst eher stark verhüllten Tafelberg zu sehen. Der flotte Schritt wurde aber nach einer halben Stunde immer langsamer. Zumindest bei mir. Der Anstieg von etwa 600 m hatte es in sich. Statt nach Alpenmanier akzeptable Serpentinen in den Berg zu legen, hatte man einen steilen Anstieg mit Felstreppen gebaut. Diese waren natürlich nicht nach DIN-Norm mit 17 cm bemessen, sondern strapazierten selbst meine langen Beine. Das macht man nicht ungestraft über Stunden. Meine Hautfarbe wechselte an diesem Morgen von einer sonnengebräunten Weißhaut zu einer richtigen Rothaut. Entgegenkommende Absteiger trösteten mich, dass es auch Schattenplätze in der Schlucht gibt. Das sagt schon alles, wie es um mich bestellt war...
Aber jede Strapaze hat auch mal ein Ende. Hans war bereits nach 67 Minuten oben. Ich kam prustend nach 90 Minuten an. Dafür wurde man mit einer sagenhaften Aussicht über die Bucht belohnt. Wir sind zur höchsten Erhebung (Maclear`s Beacon, 1.086 m) weiter gegangen und auf diesem Weg fanden wir die bisher größte Protea in Südafrika. Eine Prachtblume! Seht unten selbst.
Die Tiere waren auf diesem viel begangenen Weg sehr zahm. Der Klippschliefer kam zu meinen Füßen heran und ist erst weitergegangen, als er registrierte, dass nichts zu holen war. Glanzstare ließen sich von Hand füttern. Für ein Foto ganz nett. Aber es erregt mein Gemüt, das ein natürliches Verhalten der Tierwelt erhalten möchte - und nicht eine an künstliches Futter gewöhnte Fauna.
Der Aufenthalt in Kapstadt brachte neue Einsichten in die Probleme des Landes. Kontakte mit Kapstädtern und selbst Erlebtes regten uns zum Denken an. Dass man zum Beispiel nicht so einfach auf
die tägliche Versorgung mit Wasser und Elektrizität bauen kann, mussten wir am eigenen Leibe spüren.
Da freut man sich auf Mc Donalds, weil diese Form der Versorgung ein einfaches und schnelles Abendessen bedeutet und steht am helllichten Nachmittag vor verschlossenen Türen. Wieso? Nun, der
Strom ist ausgefallen und man ist wohl nicht im Besitz von Notstromaggregaten. Also muss man
schließen.
Doch es wurde alles gut. Wir hatten uns mittlerweile im Supermarkt nebenan einen gegrillten Hahn besorgt. Da dieser aber dann doch nicht so gegrillt war, bemerkten wir beim ersten Anschnitt. Und der Broiler kehrte, blutig wie er eben noch war, wieder in den Supermarkt zurück. Just zu diesem Zeitpunkt öffnete die Burgerbude namens Mc… wieder und der Kundenzorn war gezähmt.
Glaubt jetzt nur nicht, dass dies ein Einzelfall war. Im Zuge unserer Reise setzte sich unser Glück mehrfach fort. Sowohl bei Mc Donald's aber auch in Bezug auf andere Lokalitäten. So saßen wir in Bredasdorp nahe dem Kap Agulhas am 17. und 18.03. (Bilder folgen) beide Abende im besten Steakhaus des Ortes bei gemütlichem Kerzenschein - und ohne Wifi-Zugang. Denn auch dort gab es nur ein ungenügendes Notfallprogramm und das instabile elektrische Netz Südafrikas holte uns ein. Zumindest gab es romantische Minuten. Der Toilettengang war zwar wie ein Tunnelgang mit kümmerlicher Beleuchtung und beim Abschied aus dem Steakhaus war alles vorsichtig abzutasten, ob denn von Tisch und Bank alle Habseligkeiten eingepackt wurden. Aber es war machbar und ohne Internet wurde das Abendessen zu einem Training der Paarkommunikation. Zurück ins Mittelalter - es kann so kuschelig sein.
Der Zugang zu Wasser ist auch nicht selbstverständlich. Das haben wir bereits auf der ganzen Länge unserer Reise gelernt. Man denkt, man ist in Kapstadt in einer Großstadt, die alle Annehmlichkeiten der modernen Welt bietet. Nein, weit gefehlt. Da geht man in Nationalpark Tafelberg auf eine öffentliche Toilette und will danach die Hände waschen. Schlechte Wahl. Am Vortag gab es da noch zwei Wasserhähne. Jetzt sind nur noch irgendwelche Vierkant-Muttern da, die mich blank anblicken. Die Hähne sind über Nacht abgebaut worden. Bleibt nur der Griff zum Desinfektionsgel, das auch mal wieder aufgefüllt werden sollte.
In Kapstadt, aber auch in anderen Provinzen in Südafrika, gab es in den letzten Jahren auf Grund der Dürren immer wieder eine Wasserrationierung. So sind im letzten Sommer 2017/18 Rationierungen von bis zu 25 Liter pro Tag und Person ausgesprochen worden. 25 Liter, die reichen müssen für das Kochen, Waschen und Duschen, die Toilettengänge und dergleichen. Gemessen wurden die Verbrauchswerte pro Hauseinheit und sogar mit Busgeldern wurde gedroht.
Neben dem geringeren Wasserangebot gab es auch einen starken Anstieg der Lebensmittelpreise, da z. B. Mais, weißer wie gelber Mais, nicht mehr in genügender Menge produziert werden konnte. Die Dürren brachten hohe Ernteausfälle. Weißer Mais bzw. Maismehl dient in Südafrika zur Herstellung von "Pap". Das ist ein Maismehlbrei, die Hauptspeise der Armen in diesem Land.
So - nun genug aus unsrer Sammlung an Erfahrungen berichtet. Es folgen die Bilder von unserer Tafelbergrunde:
Unseren manchmal windumtoster Campingstandort "Froggy Point" in der Nähe des Örtchens Simon's Town hatten wir zwei Tage jeweils nur beim Dunkelwerden erreicht. Wenigstens am Abschiedstag wollte ich noch einige Fotos bei Tage machen. Denn eine der Hauptattraktionen dort ist der Boulder's Beach. Auf großen Granitfelsen halten sich dort Brillenpinguine auf. Manchmal sind es größere Kolonien. Am heutigen Tag waren nur wenige Pinguine sichtbar. So ließen sich aber auch gezielter Pärchen anfokussieren. Trotz des nebenan stattfindenden Badetrubels am Strand schienen die Pinguine vollkommen unberührt davon zu sein.
Bilder unten:
Bild 1: Diese Pinguine am Strand von Simonstown stören sich nicht an den Kindern.
Bild 2 u 3: Sich die Sonne auf den Bauch scheinen lassen tut gut.
Bild 4: Soll der doch quaken. Ich genieße derweil die Sonne.
Auf der Suche nach einem schnellen Weg aus den Vorstädten von Kapstadt mussten wir durch das Township Khayelitsha, einem Stadtteil mit Schwarzen und Farbigen und daher ganz eigener Struktur (Armut, Arbeitslosigkeit). Es liegt nahe Kapstadt und gehört zu den größten Townships im Lande. Wir fühlten uns nicht sehr wohl, fast wie weiße Eindringlinge und passten mit unserem Auto überhaupt nicht ins Bild. Natürlich wurden wir auch mit großen Augen verfolgt, was nochmals zusätzlich für Spannungswürze sorgte. Ein wenig erinnerte uns das Erlebte an unsere Reisen in Mosambik und Malawi. Über halben Tonnen wurde im Freien gegrillt. Haare kämen und flechten, Haushaltsaufgaben wie Wäsche waschen fanden außerhalb der kümmerlichen Blechhütten statt. Trotz des kleinen Nervenkitzels war ich letztendlich froh, einmal eine Kurzeinsicht in ein "richtiges" Township bekommen zu haben. Die wenigen Fotos sind aus der "Hüfte geschossen", denn ich wollte nicht beim Fotografieren entdeckt werden. Daher sind sie nicht repräsentativ für das Erlebte.
Das Township soll 391.000 Bewohner haben. Das entspricht 7.500 Bewohner pro qkm!
Die Probleme eines solch dicht besiedelten Gebietes mit Einfachst-Unterkünften sind die Trinkwasserversorgung, Elektrizität und dann Abwasser- und Müllentsorgung. Auch die Kriminalitätsrate ist
höher - kein Wunder, wenn junge Afrikaner keine Aussicht auf Schule oder Arbeit haben.
Bekanntere Townships wie Soweto bei Johannesburg haben sich in ihrer Struktur gewandelt. Dort findet eine Durchmischung mit dem Mittelstand statt. Somit muss man sich fragen, inwieweit der Name
"Township" überhaupt noch gerechtfertigt ist.
Die Gegenden um Stellenbosch, Paarl und Franschhoek sind klassische Weinanbaugebiete in dem sehr fruchtbaren Tal am Eerste Fluss. Schon im 17. Jahrhundert wurde hier Wein angebaut. Und Südafrika hat bei den internationalen Weinimporteuren mittlerweile Beachtung gefunden. Gerade diverse Rotweinsorten mit einem vollen Buket sind beliebt bei Weinkennern.
Zudem handelt es sich bei Stellenbosch um die zweitälteste Stadt Südafrikas. Die Stadt hat etwa 77.000 Bewohner. Man kann noch gut erhaltene Bauten aus der Zeit der niederländisch-ostindischen Handelsgesellschaft sehen. Ich habe eine Vorliebe für die kapholländischen Baustile mit ihren geschwungenen Eingangsgiebeln. Aber wir können uns nicht lange aufhalten, müssen wir doch noch unser Übernachtungsdomizil festmachen.
Die Bilder unten zeigen die intensive Form des Weinanbaus. Doch was wollen wir Wein-Nichttrinker in dieser Gegend? Wer will, kann nette Touren mit Weinverköstigungen unternehmen. Uns juckt es dagegen eher in den Beinen und Füßen als unseren Gaumen zu verwöhnen.
Bevor wir irgendwelche Freizeitpläne machen können, müssen wir noch einige Energie in die Suche nach einem Campingplatz investieren. Wir wollen ein Gästehaus, von Deutschen betrieben, anfahren, weil wir da eine gute Unterbringung erhoffen. Doch schon am Tor dauert es sehr lange, bis auf unser Klingeln geantwortet wurde und wir Einlass bekamen. Dann die nächste Hürde. Wieder eine Türsprechstation und ein Tor mit zwei Klingeln. Hier standen wir eine Viertelstunde, klingelten Sturm, hupten. Trotz tönender Radiomusik, die auf Bewohnung deutete, keine Antwort. Dann hat es uns gereicht. Offensichtlich will man mit uns kein Business machen. Mit einem "Das ist Afrika!" traten wir wieder den Rückzug an und zogen bei der Suche weitere Kreise um Stellenbosch.
Zur Stärkung fuhren wir nach diesem Frusterlebnis ein Einkaufszentrum an. Es roch richtig gut nach Bratwurst. Angeboten wurde eine "Lange" mit Senf für einen guten Preis von 1,50 €. Bezahlt werden musste im benachbarten Supermarkt. Nun denn. Wir wollten mal eine Art Thüringer in Südafrika testen. Doch nur an einer. Eindeutig gaben wir das an der Kasse an (erhobener Daumen). Was tippt die gute Dame ein? Natürlich "2". Ein leises Stöhnen kommt von uns. Wir kennen das Prozedere bereits schon auf Grund vieler Anlässe. Man kann das natürlich als Nur-Kassiererin nicht selbst rückgängig machen, sondern da muss der Manager her. In Gedanken schraubte ich die Wartezeit schon auf 30 Minuten plus hoch, bis der besagte Mann oder die Frau eintreffen würden. Es war dann nur eine Viertelstunde. Nächste Schwierigkeit: Ich konnte nicht mit einem Beleg als Nachweis meiner Zahlung ausgestattet werden. Der musste an der Kasse bleiben. Also raus zum Grillwurstmann mit der Ober-Kassiererin, damit dieser mich anschauen und identifizieren kann: Denn -Die gute Frau hat bezahlt, hat aber keinen Beleg dafür.
Bis wir dann im Besitz einer "Langen" kamen, mussten wir noch eine halbe Stunde warten. Denn mittlerweile ist die Schlange davor nicht kürzer sondern länger geworden. Zwischendurch schwitzte ich ordentlich. Sah ich doch, dass die Langen zur Hälfte geteilt wurden. Sollten wir vielleicht nur eine halbe Lange für unser Geld bekommen? Hans rüstete sich schon für den Protest. Ich beobachtete unseren Grillmenschen genau. Nein, es gab zwei Brötchen mit jeweils einer Halben. Aufatmen. Ich hatte keine Lust mehr auf Ärger, sondern wollte nur in etwas Thüringer Bratwurst-Artiges reinbeißen. Dann endlich - wir halten das gute Stück in den Händen. Es wurde bei uns sogar nicht auseinander geschnitten. Wir hatten unsere "Lange" ergattert.
Der erste herzhafte Biss von Hans. Ich sah das Desaster in seinem Gesicht. Sie schmeckte Hans nicht. Ich bekam das Paket überreicht und schluckte tapfer die ersten Bissen hinunter. Zu grobes Wurstfleisch, zu stark abgewürzt. Nein. Thüringen ist also doch noch sehr weit entfernt. Nach dem ersten Bissen landete die Wurst gut verpackt vor mir in der Ablage des Autos. Sie sollte zur Gabe werden.
Der nächste Südafrikaner, der Mülltonnen auf Essbares untersuchte, bekam sie von mir überreicht. Dafür erhielt ich ein mehrfaches "Thank You", was er mir über die Straße zubrüllte. Na also, eine "Lange" zu bekommen, hieß "lange" warten. Aber das Warten hat sich doch gelohnt. Das glückliche Gesicht eines Schwarzafrikaners, der auf der Straße lebt, hat es mir gezeigt.
Ach ja, wir waren ja auf der Suche nach einem Nachtdomizil. Also, es war wirklich nicht unser Glückstag. Der nächste Platz wurde von unserer App "IOverlander" nicht sehr hoch angepriesen. Nach dem Motto: Wer an "Das darfst Du nicht" und "Jenes darfst Du nicht" interessiert sei, sei da gut aufgehoben. Doch wir brauchten einen Stellplatz für die Nacht. Was bot sich uns? Ein total überfüllter Campingplatz an einem Sonntagnachmittag. Drumherum ein Swimming-Pool Gelände mit Spielplatz, bei dem Gekreische und Gebrülle in den Ohren dröhnte. Und nur noch ein Platz war zu haben. Wir haben den Versuch gemacht, diesen Platz zu besichtigen. Bei der Hälfte des Wegs kehrten wir prompt um. Dem Platzwart erzählte ich nur noch was von "Gestresst sein und Ruhe suchen". Und das hier war der beste Ort zum Austicken.
Dann außerhalb von Franschhoek, einem piekfeinen Weinörtchen, fanden wir unseren Platz der Glückseligkeit in einem Obstgarten. Es war zwar nicht mehr viel Stellplatzangebot da und wir quetschten
uns neben einen rostigen alten England-Doppeldecker, der hier seine Aufgabe als Monument erfüllte. Aber es war mehr in der Natur und der Besitzer, ein ehemaliger Rhodesier, war auch wirklich
nett.
Seine Nettigkeit bewies er auch, als er Hans von einer Gruppe Südafrikaner befreite. Ebenfalls Urlauber, kam die Gruppe auf Hans zugeschlendert. Es erfolgte eine erste Vorstellung einer jüngeren
wohlbeleibten Südafrikanerin mit: "Hello, I'm Mary, unmarried." (Ich bin Mary, unverheiratet). Hans fiel nur ein: "And I'm Hans, married, and my wife is sleeping upstairs." (Ich bin Hans,
verheiratet, und meine Frau schläft da oben. Ich hatte mich wirklich schon im Dachzelt hingelegt.") Dann setzte sich die schwer übergewichtige Mary mit einem Stöhnen in den freien
Campingstuhl von Hans und die anderen Gruppenmitglieder interviewten Hans munter weiter. Gegen so viel weibliche körperliche Übermacht kam mein Göttergatte einfach nicht an.
Unser Platzwart kam zum Glück zu diesem Moment heran, deutete der Gruppe an, dass sie erst einmal ihr Auto, welches sie hinter uns geparkt hatten, wegbewegen sollten. Er kannte diesen Trupp wohl schon. Der nächste Akt: Mary wurde aus ihrem fremden Sitz wieder herauskomplimentiert, bevor dieser unter ihr zusammenbrach. Und der arme Hans konnte es sich mit seinem Buch wieder darauf bequem machen. Die Gruppe trollte sich dann und war nur noch tief in der Nacht zu hören, wie sie sich lauthals unterhielten und meinten, dass jeder Camper auch daran teilhaben dürfte. Es war eine Nacht mit Unterbrechungen...
unten: Weinberge um Stellenbosch und dahinter eine wuchtige Bergwelt
Auf unserem Campingplatz bei Franschhoek. Hans wieder in seinem angestammten Campingsitz.
Alle Katzen spüren sofort - Der Kerl meint es gut mit mir. Also springt man auf den Schoß und holt sich eine Streicheleinheit ab.
Übrigens - bei dem Bier handelt es sich um ein Alkoholfreies!!
Man spürt - der Herbst naht. Wir haben ja in der Nacht nur Etappenschlaf gehabt. Mit leicht verquollenen Augen sind wir zum Jonkershoek Naturreservat aufgebrochen. Hier finden wir die Infrastruktur vor, bei der wir auch bei tiefhängenden Wolken noch wandern können. Es gibt mal andere Bilder, die geheimnisvoller sind. Und es ist für den Kopf auch einfacher, nicht zu sehen, wie weit man am Berg noch steigen muss, um oben angelangt zu sein.
Selbst schon verblühte Blüten geben noch ein besonderes Motiv her.
Na ja, so berauschend war dieser Ausflug nicht. Eine negative Kritik erhält dieser Nationalpark um das Kap Agulhas, weil man die Einstiege zu den angepriesenen Wanderwegen gar nicht findet. Wir zogen Kreise mit dem Auto, suchten zu Fuß, bis wir von einem dort lebenden Herrn den Tipp bekamen, dass es einen nicht beschilderten Strandpfad gibt. Dieser ist wohlgemerkt nur bei Ebbe zu begehen. Zu spät.
Bei unserem Besuch des südlichsten Punktes vom afrikanischen Kontinent fallen uns die blutroten einblütigen Blumen auf, die die Grünflächen mit roten Tupfern besprenkeln. Es ist die "April Fool"-Blume. So genannt, weil sie um den 1. April herum blüht.
Der Himmel ist zuerst sehr trübe und dunkle Wolkenschleier bewirken auf den Bildern eher drohende Himmelszenarien. Doch das passt zu dem Schiffswrack, das schon seit 1982 hier an der Küste liegt.
Ich sitze auf einer kleinen Mauer und unter mir steht auf der rechten (westlichen) Seite "Atlantischer Ozean". Die linke Seite ist mit "Indischer Ozean" beschriftet. Dabei sitze ich jetzt schon mehr links und richtig, es geht nun immer weiter am indischen Ozean entlang. Wir haben vor, bis zum Ostkap am östlichsten Punkt Südafrikas zu fahren. Quasi das Gegenstück zum Kap der guten Hoffnung. Nelson-Mandela Land. Er ist dort aufgewachsen.
20. März 2019
Dieser Standort wurde von Hans ausgesucht. Direkt von unserem Campingplatz geht es los auf den St. Blaize Küstenpfad. Er geht gute 13 km in interessanter Linie an der Küste Richtung Westen. Wir sind fast ganz alleine, der Wind bläst um die Nase und vor unseren Augen öffnen sich unterschiedliche Szenarien. Zuerst geht es wildromantisch über Klippenpfade an steilen Felswänden entlang. Dann kommen wir auch an Baugebiete, finden es unerhört, dass die Hausgärten schon mit dem Küstenpfad kollidieren und müssen über Golfflächen gehen um weiter zu kommen. Die Klippschliefer sehen uns verwundert an. Vermutlich sehen sie auf diesem Pfad nicht allzu viele Wanderlustige. Am Pinnacle Point reicht es uns. Wir müssen nach 9 km an das Umkehren denken, denn wir wollen den Rückweg ja auch noch schaffen. Haben wir dann auch hingekriegt, aber zum Schluss eierten wir dann recht mühsam über den letzten Kilometer.
Um den Fußschmerz etwas zu dämpfen, griffen wir zu einem bewährten Mittel. Gutes Essen lindert jeden Schmerz. Ab zum örtlichen Fischgeschäft mit angeschlossenem Restaurant. So ein knusprig gebratener Seehecht ("hake") zum Mitnehmen hilft. Anschließend habe ich mich im Dachzelt verkrochen. Schön, dass man einfach so die Beine hoch legen darf!
21. März 2019
Unser Landy leckt. Und das gleich an zwei Stellen. Die Frage ist nur, wie viel Getriebeöl da raus kommt und was noch drin ist. In der Abklärung hat Hans einen Tipp von einem Automechaniker bekommen. Hol Dir einen Allen Key (das ist ein abgebogener Vierkantschlüssel), stecke ihn von unten in den Ölbehälter und miss damit den Füllstand. Und so sind wir auf einen ebenen Parkplatz in Mossel Bay gefahren und Hans hat "gefühlt" und "gemessen". Alles noch im normalen Bereich. Gott sei Dank. Für den Notfall haben wir uns aber schon das Getriebeöl für beide Behälter zugelegt.
Dabei ist uns der Grashüpfer aufgefallen, den wir dann zu seiner eigenen Sicherheit auf eine Grünfläche bugsierten. Er war gerade dabei auf Kamikaze-Art in seinen Freitod zu laufen.
Der breite Strand mit einfachem Meereszugang lockte zu einem erfrischenden Bad. Nebenbei haben sich dann auch die letzten Ölflecken auf der Haut verflüchtigt. Es sind jetzt bereits
Osterschulferien und die Kinder toben im Meer. Man hat in diesem Jahr die Osterferien von 14 Tagen in den März vorgezogen. Für uns heißt das: Hochsaison. Viele Autos auf der N2 Richtung Osten.
Die Familien samt Wohnwagen oder rustikalem 4x4-Anhänger sind auf dem Weg zu ihrem Campingplatz. Südafrikaner campen für ihr Leben gern. Noch lieber machen sie "Braai", heißt übersetzt Grillen.
Und das heißt für uns Abstand zu den grillwütigen Fleischessern. Sonst riecht man am nächsten Morgen wie aus der Räucherkammer kommend.
Bevor es dann auf unserer Reiseroute weiterging, sind wir noch ein zweites Mal auf dem St. Blaize-Küstenpfad entlang getrottet. Diesmal ging es schon leichter bergauf und bergab und ein zufriedenes Lächeln breitete sich auf den Keinhorst-Gesichtern aus. Na also, wird doch langsam. Schwieriger ist es, mit den Belastungen bei langen Autofahrten zurecht zu kommen. Es ist nicht nur die starre Fuß- und Beinhaltung. Nein, auch die Hände schmerzen mittlerweile und da gibt es nur die Variante: Abwechseln.
23. März 2019
Zuerst Gemurre von Hans bezüglich meines Vorschlages. Dann gefiel es ihm doch. Dieser westliche Teil der Garden Route wird durch einen tiefen Taleinschnitt geprägt, an dessen Hängen noch richtiger urwüchsiger Baumbestand zu finden ist.: Der Wilderness-Teil der Garden Route. Flechten hängen tief an den dunkelgrünen Zweigen und um die Laubdächer ranken sich Winden und andere Schlingpflanzen. Wir laufen unter diesem Blätterdach auf dem "Kingfisher-Trail". Der Kingfisher ist der Eisvogel.
Auf dem Nationalpark-Stellplatz ist es verdammt eng. Wir sind autark, brauchen keinen Stromanschluss und sind mehr außerhalb auf der grünen Wiese. Aber dort tummeln sich auch die Jugendgruppen. Hut ab. Sowohl eine Jungen- wie auch eine Mädchengruppe im besten Teenie-Alter haben sich total angenehm benommen. Eine schöne Erfahrung. Die Gruppenleiter wurden natürlich von mir scharf beäugt. Wie kriegt man so ne Gruppendisziplin hin?
Unten die Bucht mit dem Ort Wilderness
vom "Half collared Kingfischer-Trail":
Hohes Farn und Antilopenbesuch. Man kann beidseits des schmalen Flusses wandern. Zum Übersetzen dient ein Ponton-Floß.
24. März 2019
Wenn man an die Garden Route denkt, dann kommen meist zwei Gedanken auf: Der "Otter Trail" (41 km) und der "Tsitsikamma Mountain Trail" (60 km). Beides sind mehrtägige Wanderungen, für die man auch ein sogenanntes Permit (Erlaubnisschein) braucht. Es sind Hüttenübernachtungen zu buchen. Gerade der Otter-Trail ist zu den üblichen Jahreswanderzeiten über Monate im voraus ausgebucht. Das Ganze wurde von mir vorsorglich auch nochmals gecheckt. Keine Chance.
Also schaut man sich nach Alternativen um. Der 26 km-Trail im Harkerville Wald sowie an der Küste (Harkerville Coastal Path) ist so eine Auswegvariante. Die Partnerabstimmung ergab: Nein, die Lust steht derzeit nur auf Tageswanderungen. Dafür sind wir den benachtbarten Kranshoek Küstenweg gegangen. Zumindest zur Hälfte. Er hat es total in sich. Man kommt sowohl im Wald wie auch an der Küste nur sehr langsam voran. Große Kieselsteine und Klippenkraxelei sorgen für viel Abwechslung. Nur leider müssen wir gut dosieren. An Hand von GPS stellen wir unsere mageren Fortschritte fest und entscheiden uns für einen Abbruch. Die Ausstiegsvariante senkrecht den Berg hinauf zum Ausguck (Psst, weil eigentlich "geschlossen") hat zum Schluss aber für ein Endhighlight gesorgt.
Das Bild zeigt den Blick vom Viewpoint nach unten in die erste Bucht:
Immer wieder bemerken wir entlang der Garden Route, dass große Waldareale dem Waldbrand zum Opfer gefallen sind. Dramatisch. Gerade um diesen urwüchsige Wald, den es nur noch ganz selten in Südafrika gibt, ist es sehr schade und die uralten Bäume sind durch nichts zu ersetzen. Im bergigen Hinterland gibt es viel kommerzielle Waldanpflanzungen. Meist werden Kiefern in Monokulturen gepflanzt. Das gibt dem Landschaftsbild eine monotone Note und es hebt sich krass von den Küstenurwäldern ab.
Auch auf dem Kranshoek-Weg mussten wir durch vom Feuer beschädigte Teile (siehe erstes Bild). Seit langem vermisst, nun sehen wir ihn wieder: Austernfischer schauen nach Futter aus.
Wir übernachten auf dem bekannten Campingplatz im Nature's Valley. Es ist der Endpunkt des Otter Trails bzw. der Startpunkt des Tsitsikamma- Wanderweges. Zwar ist es schon Abend, aber das Wasser des Sees lädt zum Abkühlen ein. Es ist brackig, weil sich das Süßwasser bei Flut mit dem hereindrückenden Meerwasser mischt.
Wasser heißt auch Mücken. Schon haben mich einige Blutsauger am Wickel. Doch das Dachzelt ist immer noch einigermaßen dicht und sollte ein stechender Zweiflügler eindringen, so erwartet ihn mein überdimensionaler Schläger à la Mückenfänger.
Es regnete in der Nacht und am Morgen will es auch nicht aufklaren. Gar nicht einladend für einen Gang. Dennoch drehen wir eine kleine Runde um den Campingplatz im Nature's Valley. Das Wetter will immer noch nicht besser werden. Wir beschließen weiter gen Osten zu fahren. Das Ziel heißt: Storm's River.
Hier, an der Küste, ist es im Vergleich zu der autobahnähnlichen N2, wieder regenfrei. Ein kalter Wind weht uns um die Nase, so dass wir frösteln. Wir sind immer noch unlustig, die Wanderung zum Wasserfall (ein Teilstück auf der ersten Etappe des Otter Wanderweges) zu unternehmen. Aber wir machen den kurzen Gang zu der Hängebrücke, die über den Storms River führt. Einige Kajakfahrer mit Führer sind trotz der unwirtlichen Witterung in der Schlucht unterwegs. Aber sie haben auch teilweise Neopren-Anzüge an. Schade. Gerne hätte ich ein bisschen erkundet, wie dieser 4-5 Tage-Trekkingweg (Otter-Trail) beginnt. Aber die Partnerraison sagt: Es ist genug für heute. Wir wollen mit dem Auto vorwärts kommen.
Die Nacht wird in Jeffrey's Bay verbracht. Es sind nur noch 80 km bis nach Port Elizabeth, unserem Startort vor gut 6,5 Monaten. Und gegen Mittag erreichen wir die uns schon vertraute Strandallee. Der Mensch ist ein Gewohnheitstier. Hans schwärmt schon vom knusprigen Bauernbrot bei SPAR. Also ist der erste Anlaufpunkt feststehend. Wir haben Glück. Bei SPAR heißt es Ciabatta. Es ist in seiner Konsistenz aber wirklich mit einem Holzofenbrot vergleichbar. Die Kruste ist herrlich!
Und wieder sitzen wir auf dem Mäuerchen gegenüber des Industriehafens, haben uns von der Deli-Theke frisch gegrillte Hähnchenbrust geholt und genießen das einfach Essen im Freien.
Wir möchten drei Tage dazu nutzen, alles für unsere Abreise Ende Mai vorab zu organisieren. In der Lungile Backpacker-Unterkunft buchen wir die Nächte vor unserem Abflug, wenn wir ohne Auto sind. Dann wird noch eine Landrover Werkstatt konsultiert, um eventuell Reparaturen im Mai zu buchen.
Auf dem Campingplatz "Pine Lodge" finden wir eine gute Infrastruktur vor, um mal vieles durchzuwaschen und den Wagen von dem noch immer in allen Ritzen steckenden Safari-Sand und -Staub zu befreien. Dabei besucht uns ein "Yellow Mongoose" (Fuchsmanguste, s. unten).
Direkt außerhalb des Campingplatzes beginnt das Cape Recife. Dort drehen wir eine Runde. Alles ziemlich verwahrlost. Aber wir haben den Weg für uns alleine.
Auf den Bildern ist teils ein dunklerer Fleck zu sehen. Meine kleine Lumix-Kamera muss dringend in den Service. Sand und Staub haben ihr zugesetzt. Das letzte Bild zeigt eine Kap-Aloe Pflanze (Aloe ferox auf engl.).
Charly sagt nun noch einmal TSCHÜSS zu Port Elizabeth. Charly ist seit 2016 mein Maskottchen auf Reisen. Ein ganz lieber Verwandter hat es mir zur letzten Reise geschenkt. Und Charly hat wahrhaftig schon viel gesehen.
Nicht immer wird dieses Reisen von unseren Freunden und Verwandten mit Begeisterung geteilt. Es gibt Meinungen, dass wir Dauerurlauber sind und durch die Welt zigeunern. Bestimmt sind auch Gefühle wie kleiner Neid dabei. Klar, wir sind frei, können Zeit und Reiseroute frei bestimmen. Wir müssen nicht nebenbei für das Reisen im Reiseland jobben. Wir können uns Pausentage gönnen.
Aber wer etwas erleben will, muss auch ein gewisses Maß an Organisationsvermögen, täglich neuer Spannkraft und Belastbarkeit mitbringen. Die jetzt 26.000 gefahrenen Kilometer auf fremden Straßen fahren sich nicht von alleine. Wir folgen auch keinem Reiseleiter und unsere Unterkünfte oder die Route sind nicht vorbestimmt. Alles ist täglich neu zu planen und zu organisieren. Es ist ein Leben außerhalb der Komfortzone. Sich Einlassen auf Neues und das Sicherheitsrisiko immer wieder neu abwägen gehört dazu. Und dann sind es nicht zuletzt die vielen Kontakte und persönlichen Erfahrungen, die das Reisen ausmachen - Kontakte, nicht nur mit Reisenden sondern vor allem auch mit der lokalen Bevölkerung, egal welcher Hautfarbe.
Also frage ich mich: Was ist der Unterschied zwischen URLAUB machen und REISEN? Für uns bedeutet Reisen,
wenn im Stauraum mitgebrachtes Motorenöl in Nachbarschaft mit Marmelade und Balsamicoessig steht,
wenn man Zeit sowohl im Auto, auf dem Auto (Dachzelt), aber auch öfters unter dem Auto verbringt (Autoinspektion),
wenn der Hosenboden vom vielen Autositzrutschen schon so dünn geworden ist, dass er Risse hat und in die Tonne wandern muss,
wenn die Frontscheibe vom Sandsturm so getroffen wurde, dass man nur noch gesprenkelt raussieht,
wenn der Packen Visitenkarten nun so dünn geworden ist, dass man an eine neue Edition denken muss,
und wenn man als Weißhaut Deutschland verlässt und als Schoko wieder zurückkommt...
Nun ist es soweit:
Wir konnten mit Natasha von BLS Portco., unserem Spediteur für das Auto, die Verschiffung besprechen. Autowasch-Unternehmen wurden ausfindig gemacht, weil wir unseren Landy blitzeblank gewaschen übergeben müssen. Und das betrifft leider auch den Unterboden. Wird noch zu einem kleinen Problemchen werden, das Auto wieder sauber zu bekommen. Wir haben unsere Unterkunft für die autofreie Zeit gebucht. Nun können wir weiter. Ab zum Ostkap.
Charly sagt Port Elizabeth nochmals Tschüss...
29.03.2019
Ein paar Höhepunkte wollen wir noch einmal auskosten. Dazu gehört auch der Addo Nationalpark. Hier erlebten wir bereits letzten September Elefantenherden hautnah. Und wieder konnten wir die Tiernähe genießen. Diesmal jedoch hauptsächlich an Wasserlöchern. Die Beobachtung der Familien, besonders der Kleinsten, brachte viel Freude.
Der kleine Knilch in der Bilderreihe unten wusste noch nicht so recht, was er mit seinem Rüssel anfangen sollte. Er schlenkerte jedenfalls recht unkontrolliert hin und her. An das Wasser reichte der Rüssel auch nicht heran. Das gefiel ihm gar nicht. Immer wieder hielten wir den Atem an, weil wir befürchteten, dass der Knirps gleich in das Schlammloch hineinrutscht und schwerlich wieder herauskommt. Dann kamen andere Anwandlungen des Kleinen und er steckte seinen Kopf in den Schlamm und schrubbte ihn hin und her. Es war sehr kurzweilig!
Warzenschweine sind auch putzig. Zum Saufen geht man artig in die Knie.
Andere Größendimensionen: Das Kleine unten links dürfte nur wenige Wochen alt sein. Der Youngster rechts war unter Mami's Bauch und wurde von ihr vollgespritzt. Nix mit an der Brust trinken...
So klein oder schon sooo groß?
Auch Kämpfe gibt es, vor allem bei den Teenies. "Gehst Du zurück! Ne, keinen Zentimeter..." Das Ganze endet dann in einem Rüsselkuddelmuddel."
Kinderstube: Vier junge Elefanten spielten im Sandkasten. Nur dass dieser eher ein Schlammloch war. Was gab es da zu buddeln? Schmackhafte Wurzeln vielleicht?
Hauptaufgabe am Wasserloch: Natürlich Wasser tanken!
Mama und Nachwuchs bekommen das auch synchron hin.
Nach dem Trinken kommt die Körperpflege. Erst mal ordentlich mit Schlamm bespritzen. Abgerieben wird das Zeug dann später an anderer Stelle. Da finden sich schon Bäume...
30.03.2019
Etwas weiter südlich an der Küste gibt es die Fortsetzungen des Addo Nationalparkes. Dort können wir auf dem Alexandria Trail Beschäftigung für die Füße finden.
31.03.2019
Wir folgen der R72 in Richtung Osten. Die Straße ist angenehm verkehrsruhig, da die Hauptlast von der Nationalstraße 2 getragen wird. Es geht immer der Küste entlang und oft öffnet sich der Blick Richtung Meer.
Dieser Teil des Eastern Cape ist nach Norden hin zunehmend von der schwarzen Bevölkerung bewohnt. Leider gibt es wenig Industrie und damit ist die Arbeitslosigkeit recht hoch. Wir fahren an vielen Townships, sogenannten Armenvierteln mit einfachen Behausungen, vorbei. Oft wurden auch einfache Haussiedlungen erstellt, um das Wohnungsangebot zu erhöhen. In den Städten trifft man Wohnungslose an. Siehe unten vor dem Spar. Ihren Hausrat fahren sie in einem Einkaufswagen umher. Natürlich werden wir auch gefragt, ob wir etwas an Nahrungsmitteln haben. Meist ist bei uns viel Brotvorrat vorhanden, der dann neue Eigentümer findet.
Zweimal übernachten wir an wilden Standplätzen, teils romantisch am Meer mit Brandungsrauschen zum Einschlafen. Dann möchte ich in die Berge. Die Amatole Berge mit dem bekannten Ort Hogsback (Schweinerücken) locken. Doch der Wettergott ist uns nicht zugetan. Bei der Anfahrt (s. Bild mit dem Rücken des Hogsback über den Wolken) sind die Berge noch im Abendlicht einsehbar. Wir finden einen Platz zum Übernachten auf 1.500 m Höhe. Morgens bekommt die Nase beim Herausschauen gleich Tropfen von oben ab. Alles liegt im Nebel! Puuh, gar kein Wanderwetter. Auch in der Tourist-Info rät man uns ab. Alles schlüpfrig und unwegsam. Das Wetter soll vorerst so bleiben. Also reisen wir wieder gen Küste und damit in wärmere Gefilde.
Um vorwärts zu kommen, nehmen wir nun die N2 nach Nordosten. Die Großstadt East London wird angepeilt. Der Verkehr verdichtet sich. Wir haben ja schon viel auf der Straße erlebt. Aber nun wird es uns wieder einmal richtig bewusst, wie ungezügelt und auch unberechenbar auf Südafrikas Straßen gefahren wird. Da brauchen wir nicht erst die totgefahrenen Hunde am Straßenrand zählen. Auf kurzer Strecke haben wir fünf Hunde gesehen, die erst vor kurzem ihr Leben lassen mussten. Gut ist es, mit allem zu rechnen, mit den seltsamsten Fahrmanövern. Rot wird eh nicht konsequent beachtet. Und die größten Helden am Steuer fahren schon einmal bei Rot in die Kreuzung vor, um die Nase vorn zu haben. Überholt wird auch gerne links und natürlich auch vor unübersichtlichen Kuppen.
Für Hans ist klar: Da ist keine Kontrolle durch Polizei oder andere Ordnungsbehörden. vorhanden Und somit herrscht Willkür auf der Straße. Und Ausleben des eigenen Ego. Besonders die Minibus-Fahrer fühlen sich stark, wenn sie so viele Autos wie möglich überholen können. Vielleicht gibt es da eine interne Hitliste?
Kurz vor East London reicht es dann aber. Wir werden so brutal von einem Pickup-Fahrer geschnitten, dass wir fast gestreift worden wären. Ich hatte schon aufgeschrien, als der Pickup ganz nah an meiner Seite vorbeiraste. Hans hupte und verfolgte den Kerl. Die Fahrmanöver von ihm zeigten uns: Das ist ein Helldriver, der sich an keine Verkehrsgesetzt hält. Er bekam mit, dass wir ihm folgten und raste durch die Innenstadt. Verrückt. Als er anhielt um jemand aussteigen zu lassen, zeigten wir ihm nochmals per lautem Anhupen, was wir von ihm hielten.
Es ist Montag, der 1. April.
Montag und Monatsanfang. Hilfe. Die Innenstädte brummen. Die Leute stehen an den Geldautomaten an und wollen von dem eingetroffenen Geld abheben. Noch spätnachmittags erleben wir lange Schlangen.
Es geht nach Coffee Bay an die Wilde Küste (Wild Coast). Der Ort Coffee Bay (Kaffeebucht) hat einen blumigen Namen. Der kleine Ort erhielt seinen Namen 1893, als dort ein Schiff strandete, was Säcke mit Kaffeebohnen geladen hatte.
60 km sind es bis an die Küste. Die Wild Coast ist der Küstenanteil der ehemaligen Transkei. Die Transkei war während der Apartheid-Zeit in Südafrika ein sogenanntes Homeland.
Was ist das? Im Grunde genommen ähneln Homelands den Reservaten Nordamerikas, denn es sind den Bantus (Afrikaner südlich der Sahara) zugeordnete Gebiete mit einer zugesprochenen "Verwaltungsunabhängigkeit". Diese Selbstverwaltung hatte aber ihre Tücken. Die Ethnien in diesem Teil Afrikas hatten eine Stammeskultur mit einem Oberhaupt, Chief genannt. Die alten Stammesrechte sollten erhalten bleiben. De facto erhielt aber der Chief mehr Rechte zugestanden als in einem traditionellen Stammessystem. Zudem wurde er von einem weißen Berater begleitet. Man erhoffte sich somit das langsame Hineingleiten in die Kolonialverwaltung. Die Homelands entstanden mit der Absicht einer harten Rassentrennung. Diese Gebiete, 10 in der Zahl, hatten zudem niemals die eigene Entscheidungsfreiheit in finanzieller oder ökonomischer Hinsicht. Das wurde immer durch die Apartheidsregierung kontrolliert. Manche Schwarze fühlten sich durch die Übermacht der Chiefs in ihren Rechten eingeschränkt. Es gab Wanderungsbewegungen zu den Townships der Großstädte.
Auf dem Weg nach Coffee Bay ging es über grüne Hügel und Täler bis zur Küste. Es ist das Gebiet des Xhosa-Stammes. Sie lebten traditionelle in Rundhütten, die bunt bemalt sind. Noch heute sieht man viele dieser Rundhütten und sie sorgen für ein abwechslungsreiches Landschaftsbild.
Auf der rechten Seite sieht man einen Viehhandel der lokalen Bevölkerung.
2. April 2019
Coffee Bay wurde von uns angepeilt, weil es dort den Zustieg zum Transkei Wanderweg (Coffee Bay nach Port St. Johns, 61 km) gibt. Bewegungsfreudig machten wir uns an diesem Morgen auf den Weg. Ein großes Schild weist auf diesen Fernwanderweg hin. Dann aber treten bei uns schon drei Fragezeichen auf. Wir fanden den Einstieg nicht. Die Geländestruktur sagte uns aber, dass wir die Höhe der steilen Klippen erklimmen mussten. Sogar ein Hund aus Coffee Bay schloss sich uns an - unsere Aufbruchstimmung war ansteckend. Es dauerte jedoch nicht lange und wir kamen nicht weiter. Weder Wanderzeichen, noch erkennbare Route entlang der
Küste. Missmutig stiegen wir letzten Endes wieder ins Auto, darauf hoffend an anderer Stelle eine Kurzwanderung machen zu können.
Der Weg zurück war ein Umkreisen von vielen Schlaglöchern. An die Raserei der Minibusse, die gängige Personenbeförderung über Land, haben wir uns immer noch nicht gewöhnt. Angespannt sitzen wir im Auto. Doch die Landschaft entschädigte uns. Grüne saftige Hügel, auf denen Kühe, aber auch viele Mulis weideten. Sie werden heute nicht mehr für den Transport gebraucht.
Für 60 km Schlaglochpiste benötigten wir gute 75 Minuten. Bald hatten wir die Großstadt Mthata erreicht. Das Stadtbild war desaströs. Vorschnell wurde es der schwarzen Bevölkerung angelastet. In der Lokalpresse erfuhren wir dann, dass es eine Protestaktion von Arbeitern war, die die Müllbehälter der Stadt im Vorfeld eines hochrangigen Politikerbesuches umgestoßen hatten.
In der Nähe der Townships von Mthata bemerken wir an den Straßen den Zustand nach Reifenbränden, vermutlich infolge von Protestaktionen der Township-Bevölkerung. Leichtes Magengrummeln als Reaktion.
Ein feines kleines Naturreservat. Nicht nur zum Übernachten, sondern auch zum kleinen Wandergang. Und wir haben unsere eigenen Zebras!
3. und 4. April 2019
Da wir solch tolles Wetter haben, entschließen wir uns für einen Zwei-Tages-Aufenthalt. Wir sind ganz alleine auf dem kleinen Zeltplatz am See und strolchen durch die Gegend. Es gibt einen größeren Bestand an Blessboks (Buntbock), die sich auf den Hängen rund um das Naturreservat tummeln. Und der Herbst bringt immer noch leuchtende Blüten hervor.
Noch ist schönes Wetter, das Wochenende naht und an der Küste ist es zu rummelig. Daher die Entscheidung für die Berge, bevor wir endgültig gen Norden in den Hluhluwe-iMfolozi Nationalpark
fahren.
Wir waren zwar vergangenen September schon einmal hier, doch diesmal erwartet uns dank des strahlenden Sonnenscheins ein ganz anderes Bild: Leuchtend grüne Weideflächen und ein
Licht-Schatten-Spiel, was die Bergformationen deutlich hervorhebt.
Gute Planung bringt auch an einem Regentag Freude. Da all die Wiesen recht feucht waren, wählten wir die Straße in den Nationalpark. Lohn dafür war die Sicht eines beeindruckenden Eland-Bullen und ein paar Fitness-Kilometer.
6. April 2019
Alles war so schön vorgeplant worden. Heute morgen wollte ich mich für zwei Stunden auf das Pferd schwingen. Aber ein kurzer Blick aus dem Dachzelt zeigte, dass es immer noch nass und neblig ist. Kein optimales Wetter für einen Ausritt.
Also planten wir um. Die Weiterfahrt an die Küste über Durban und dann weiter nach Norden mit Ziel Ballito stand als Tagesziel an. Und es klarte mehr und mehr auf, je näher wir an die Küste kamen. In Ballito hatten wir am Strand einen optimalen kostenlosen Standplatz für die Nacht. Restaurants und Cafés waren gleich um die Ecke. Eine gute Infrastruktur für alle anliegenden Arbeiten wie Telefonate und Blog-Update.
Ein kräftiger Wind, fast Sturm, blies an der Küste und wir konnten auf unserem Spaziergang riesige rollende Wellenberge beobachten. Der kleine Ort Ballito achtet sehr auf Sauberkeit, ist er doch auf Touristen angewiesen. Überall waren Arbeiter unterwegs, um am Strand und in den Straßen Müll aufzusammeln. Der Hang zum Meer ist mit teuren Villen bebaut. Entlang des Strandes befinden sich viele Hotels. Der Blick auf die Zaunanlagen ist inzwischen mehr zur Reisenormalität geworden. Aber dennoch will ich die starken Sicherungsmaßnahmen mit Elektrozaun in den Fokus meine Bilder aufnehmen. Es ist immer noch recht krass, wie sehr sich die reicheren Südafrikaner vor vermeintlichen Einbrechern schützen.
Nach einem guten Abendessen im "Ocean Basket", einer Fischrestaurant-Kette, hüllte ich mich in meinem Zeltdasein in Decke und Schlafsack und horchte noch lange der starken Brandung direkt unter mir am Strand.
Unten: Das Meerschwimmbad ist überflutet. Man sieht nur noch das Gestänge zum Eingang des Beckens. Eine stürmische Brandung läuft an der Küste auf, die wir von der Strandpromenade aus beobachten. Das letzte Bild lenkt den Blick auf die "Befestigungsanlagen".
7. April 2019
Rund um das Nationalparkdoppel Hluhluwe-iMfolozi gibt es nicht viele Übernachtungsmöglichkeiten. Wir suchten uns daher die Chane Käsefarm an der N2 (bei Mtubatuba) aus, die eine Wiese zum Stehen hat. Von dort ist es ca. eine Autostunde bis zum Parkeingang Gegen Essen im Restaurant kann man auf Nachfrage frei stehen. Produziert wird Ziegenkäse. Es gibt aber auch einige feine Kuhkäsesorten zum Erwerb. Die Käseplatte sollte man unbedingt probieren. Schmeckt vortrefflich.
Nachmittags ging es weiter zum Nationalpark. Diese nochmalige Safari (nach September 2018) hatte ich mir gewünscht. Im Park hat es eine gute Nashornpopulation. Hier wollte ich nochmals mein Glück versuchen gute Fotos zu machen.
Man braucht Glück bei den Tiersichtungen auf Safaris. Heute war es der Tag der Tier-Interaktionen. So viel Gruppengeschehen unter Tieren, aber auch mit uns mittendrin, hatten wir schon lange nicht mehr.
Zuerst trafen wir auf Elefantenherden. Besonders auffallend war ein wuchtiger Bulle, der seine Funktion als Straßensperre wahrnahm. Die Nahaufnahme stellt den großen Wuchs dieses Bullen heraus, wenn man den Vergleich mit den PKWs zieht.
Der Bulle war wahrhaftig einschüchternd. Zudem zeigte er ein Verhalten, das uns die Vermutung gab, der Bulle sei in der Musth (gesprochen: Mast). Ausgewachsene Elefantenbullen können jährlich in eine solche Phase höherer Erregung, teils auch Aggressivität kommen. Der Testosteron-Pegel ist in dieser Zeit sehr hoch.
Nun - unser Musterexemplar schien in dieser Phase zu sein. Er wandte sich den (Fress-) Büschen am Straßenrand zu. Ein erster PKW fuhr in weitem Bogen langsam an dem Bullen vorbei. Blitzschnell drehte sich dieser um und "fasste nach", erreichte mit seinem Rüssel den PKW aber nicht mehr. Vielleicht ein Akt der Neugier, vielleicht fühlte er sich aber auch durch das Auto gestört und reagierte aggressiv. Schluck. Nun war es eigentlich an uns weiterzufahren und das Feld zu räumen. Wir warteten erst einmal ab.
Als wir der Meinung waren, dass der Bulle mehr mit seiner Buschfresserei beschäftigt sei, starteten wir den Überholversuch (siehe Bild oben). Diesmal Gott sei Dank keine schnelle Reaktion des Rüsselviehs. Die Dame am Steuer des PKWs auf der Gegenseite biss sich schon auf die Lippe und machte eine Grimasse. Nun war sie an der Reihe...
Es sollte nicht die letzte Begegnung mit diesem Superbullen am heutigen Tage sein. Er konnte von uns gut an seiner Gesichtszeichnung erkannt werden. Bullen in der Musth haben oft Drüsen an der Schläfe, die Sekrete absondern. Das war bei ihm deutlich sichtbar.
Abends trafen wir auf unser Autorückrunde wieder auf ihn. Der Gute war immer noch in Hitzewallung. Er kam uns auf der Straße mit flatternden Orhen entgegen, was auf seine Erregung hindeutete. Dann bog er kurz ab und gab uns am nächsten Baum einen Beweis seiner Kräfte. Mit Kopf und Rüssel stemmte er sich gegen den Stamm eines größeren Baumes. Dieser wankte, war aber dann doch gut verwurzelt, so dass die Kräfte des Bullen ihn nicht zu Fall bringen konnten. Wir atmeten auf, als sich der Muskelprotz dann seitwärts in die Büsche schlug und uns damit den Weg freigab. Nun konnten wir auch die Hinweisschilder verstehen, die auf aggressive Bullen im Park hindeuteten. Diese können selbst einem Auto gefährlich werden und es zum Umstürzen bringen.
Das nächste Zusammentreffen mit Tieren war in Verbindung mit Nashörnern.
Auf einer Abendrunde entdeckten wir ein bevorzugtes Gebiet der Nashörner im Hluhluwe-Teil des Nationalparks. Man musste schon gut hinschauen, um die Hornträger im hohen Gras zu sichten. Seelenruhig war eine Gruppe mit zwei erwachsenen Tieren und einem Jungtier am Grasen.
Wir stellten das Auto ab und warteten. Weiter oben am Hang stand noch ein Tourenfahrzeug mit Touristen, die ebenfalls in Wartestellung waren. Immer waren die Nashörner dabei, sich kraftvoll mit dem Rupfen des Grases zu beschäftigen. Doch dann kam von oben ein Störenfried heran. Ein tonnenschwerer Bulle, der nach erstem Riechkontakt plötzlich die Herde unserer Sanftmütigen auseinandertrieb. Hektisch rannten die Nashornkühe davon - und das geradewegs über unseren Weg auf die andere Seite der Piste, also links von unserem Fahrzeug. Alle Blicke - auch die der Touristen im anderen Fahrzeug gingen nun nach links.
Die Crux war, dass sich das wunderschöne saftige Gras auf unserer rechten Seite befand. Leider gab es da diese zwei Autos auf der Straße. Wie nun zurück? Offensichtlich blockierten wir den Weg, denn immer wieder setzten die Nashornkühe zum Überqueren der Piste an. Eine erste Kuh schaffte es dann, indem sie hinter dem Tourenfahrzeug querte. Die Zurückgebliebenen waren sich unsicher. Eine Kuh tauchte in der Höhe von Hans auf. Dann kam auch der Nachwuchs aus dem Busch und schaute uns groß an. Man konnte den Blick förmlich interpretieren: "He Du mit deinem Metalldings. Geh' mir aus dem Weg. Ich will da rüber." Minuten vergingen. Der Kleine zog sich zurück und kam dann dem Auto wieder gefährlich nahe. Wir mussten aufpassen, denn der Kerl war bereits mit einem ordentlichen Horn bewaffnet.
Dann endlich die Erlösung, als die Nashornkuh hinter unserem Auto querte. Das war das Zeichen für den Nachwuchs, den gleichen Weg zu wählen. Währenddessen ist unser Fahrzeug vermutlich zigmal in den Fokus der Touristen geraten, die fleißig ihre Kameras hochhielten und den Vorgang aufnahmen. Definitiv war es eine Seltenheit, eine solche Nähe zu Nashörnern zu erfahren.
Eine Auswahl weiterer schöner Nashornexemplare siehe unten.
Mal weg von den Interaktionen, sondern einfach in unseren Augen
Der Dungkäfer ist eine interessante Tiererscheinung. Durch Rollen eines Dungklumpen formt er einen Ball. Dieser dient später zur Eiablage. Auf dem Bild sieht man, wie er geschickt die Hinterbeine dazu nutzt, den Dungball (in der Regel Elefantendung) auf der Straße zu rollen.
10. April 2019
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