Wir fliegen von Johannesburg nach Antanonarivo, der Hauptstadt Mada-gaskars mit 1,8 Mill. Einwohnern (lt. Angabe im Internet).
Zwei Reiselustige sind nach Backpackerart mit Rucksack bewaffnet auf dem Weg zu einer günstigen Transportmöglichkeit vom Flugplatz Ivato bis zur Innenstadt. Mit etwas Empörung im Bauch, weil uns für die zwei Visas 70 Euro abgeknöpft wurden, suchen wir nach einem bezahlbaren Taxi. Die vielen Taxifahrer, die uns bedrängen, wollen wir loswerden und tigern zur nächsten Straße. Mit Aufwand finden wir heraus, wo der "Bus" (eher Minibus) losfährt. Wir landen dann schlussendlich im lokalen Taxi-Brousse (in der Regel alte Mercedes Sprinter) und erleben Madagaskar auf "Tuchfühlung", sprich Po an Po.
Es hat diverse Nationalparks in Madagaskar, in denen die endemischen Tierarten Madagaskars, z. B. verschiedene Arten von Lemuren oder Chamäleons zu finden sind. Meist sind die Nationalparks im Regenwald verortet. Es ist gut, dass man diese letzten Reste an Regenwald vor dem Zugriff der Menschen schützt, die ansonsten das Land für den Anbau von Reis und Gemüse roden. In den Nationalparks sind Wegenetze angelegt, um die Besucherströme zu regeln. Leider ist es in der Regel Pflicht einen Führer zu nehmen. Für uns sehr ungewohnt, wollen wir doch auf eigene Faust Tiere und Pflanzen entdecken. Es wird spannend, ob wir das Spagat zwischen Drang nach persönlichem Planen bzw. Erleben und den Verhältnissen vor Ort hinbekommen.
Unser erster Eindruck der Menschen hier: Wir empfangen große Gastfreundlichkeit und sogar Fürsorge.
Uns sieht man im Taxi-Brousse (Minibus) an der Nase an, dass wir Touristen sind. Eine Madegassin war so freundlich und zeigte uns bei der Fahrt vom Flugplatz in die Innenstadt die Haltestelle an, an der wir aussteigen sollten. Dann ließ sie es nicht zu, dass wir im nachfolgenden Taxi alleine Richtung Hotel fuhren, sondern begleitete uns im Taxi bis ins Hotel. Ein kleines Trinkgeld wollte sie nicht annehmen, sondern meinte, sie sei auch dankbar, wenn sie oder ihre Familienangehörigen im Ausland ähnlich freundlich aufgenommen würden. Ein schöner Start!
Unsere Reiseroute ist nicht festgelegt. Richtungsmäßig wollen wir von der Hauptstadt Antantanarivo die südliche Variante auf der RN7 nach Tolear an die Westküste fahren. Dabei ist der Besuch von einigen Nationalparks geplant. Wir entscheiden Tag für Tag neu, welche Aktivitäten wir unternehmen wollen und wann es weitergeht.
Menschen, viele Menschen überall. Und Autos. Hier sieht man die alten Automodelle aus den 60er und 70er Jahren herumfahren. Nostalgisch, aber auch Luft verpestend. Eine Smogglocke liegt über der Stadt. Die Autoschlangen quälen sich durch die Innenstadt. Entnervte Autofahrer hupen die Fußgänger weg. Diese müssen sich einen Weg zwischen den Autokolonnen suchen. Und wir sind mittendrin ebenfalls zu Fuß unterwegs.
Madagaskar ist ein armes Land. Man sieht und spürt die Armut, wenn man zu Fuß durch die Hauptstadt Antananarivo geht. Das Land ist unter den 10 ärmsten Ländern der Welt aufgeführt. Man sieht Menschen, die den Müll nach Essbarem durchwühlen. Die Händler füllen Wasser ab, damit sie z. B. Essschalen ihrer Kunden wieder säubern können.
31. Oktober 2018
Wir wollen vor unserer morgigen Abreise alles regeln und fahren zum Büro unseres Autovermieters - wie? Natürlich mit dem Taxi-Brousse. Denn Hans ist recht wählerisch, was die Autoqualitäten eines Taxis anbelangen und die Preise gefallen uns gar nicht. Ich bin mal gespannt, ob unser Reisevehikel, ein Bora samt Fahrer/Führer, bei ihm durchgehen wird...
Die Taxi-Brousse sind unterschiedlich. Mal ist es ein alter Mazda-Bus, mal ein alter Mercedes Sprinter. Hinten steht ein Ticketverkäufer, der beim Halt immer gleich herausspringt und lauthals die Fahrroute rausschreit. Er sammelt dann auch das Geld ein. Bei uns natürlich mit bis zu 50 % Aufschlag. Aber das ist o.k.
Es werden natürlich nicht nur Menschen befördert. Von Reissäcken bis zu lebendem Kleinvieh muss alles zu seinem Bestimmungsort. Und so sind wir, die wir hinten saßen, auch vom Gegacker der Hühner unter uns begleitet worden.
Für solch eine Fahrt mit einem Taxi-Brousse muss man viel Zeit mitnehmen. Denn oft wird angehalten, um weitere Passagiere aufzunehmen, bis das Vehikel voll ist. Dann geht es schneller weiter. Voll heißt aber auch, dass manchmal noch die Klappsitze in den Gängen mit Menschen besetzt sind. Dann wird es zur logistischen Meisterleistung, wenn jemand aussteigen muss.
Wir werden von Ravaka, unserer persönlichen Ansprechpartnerin bei unserem Vermieter, mit großen Augen angeschaut, als wir unser Beförderungsmittel für die Herfahrt angeben. Dass wir so zu ihr gefunden haben, findet sie bewundernswert. Ist aber gar nicht so schwer, wenn man sich eine Taktik zulegt.
Nr. 1: Ein Taxi-Brousse an der Straße suchen, die möglichst direkt zum Ziel führt. Notfalls durchfragen. Das aber bitte schön immer bei jemanden, der vermutlich etwas französisch kann
(Mobilfunk-Kiosk oder bessere Shops oder Tankstelle).
Nr. 2: Die Fahrtroute über GPS auf dem Smartphone verfolgen. Heißt natürlich, dass man den Offline-Stadtplan geladen hat. Maps.me funktioniert ganz gut. Dann rausspringen, wenn man dem Ziel nahe
ist oder aber das Taxi-Brousse ungünstig abbiegt. Oder wieder im Taxi-Brousse fragen.
Wir sind gestern auf unserer Fußtour dann etwas fehlgeleitet worden. Letztendlich haben wir nach 30 Minuten Umweg aber das Büro gefunden - und ein Abenteuer gehabt.
Unten verschiedene Formen der Taxis und deren Ladung. Auch ein Minibus, der zum Wahlkampfmobil umfunktioniert wurde und der Wahlkämpfer auf dem Dach transportiert. Und ein Beispiel für die verstopften Straßen, die nur ein langsames Fortbewegen erlauben. Wenn es heiß ist, wird man im Wagen gebraten...
Wir freuen uns, dass es morgen auf Tour geht und wir diese schmutzige, in Teilen übelriechende und lärmige Stadt verlassen. Morgens bemerkt man die Smogglocke besonders. Und in dieser bewegen wir uns den ganzen Tag. Zugegeben, wir haben noch nicht die ganze Welt gesehen, aber weder in Kambodscha oder Thailand noch z. B. in Marokko sind uns solche Zustände bisher begegnet. Wahrscheinlich fehlt uns ein Besuch von Shanghai oder ähnlichen Metropolen.
Hier noch ein paar Eindrücke aus dem Fenster unseres Taxi-Brousse fotografiert. Ich frage mich immer wieder, wie die Menschen mit dieser kümmerlichen Hygiene zurechtkommen, ohne krank zu werden.
1.11.2018
Nun sind wir eine Dreier-Gemeinschaft geworden. Setra, unser Fahrer, kam pünktlich um 7 Uhr bei unserem Hotel an. Er war mir auf den ersten Blick sympathisch. Ruhig, eher schüchtern, und eine nette Erscheinung. Und wir bekommen keinen Bora, sondern einen Golf TDI Variant. Das schont auch etwas unseren Geldbeutel, da wir den Diesel zusätzlich zahlen.
Wir haben für 24 Tage also ein Auto samt Fahrer "gemietet". Dabei sind die Unterkünfte und die Verpflegung des Fahrers inbegriffen. Lediglich die Benzinkosten sind noch zu tragen und natürlich unsere Unterkünfte. Dabei haben wir ein solches Maß an Flexibilität in unserer Reisegestaltung erreicht, wie eben in Madagaskar möglich ist. Wir bestimmen die Reiseroute selbst und legen auch die jeweiligen Hotels fest bzw. kümmern uns um die Reservierung. Es war gut, dass wir uns noch eine SIM-Card besorgt hatten. So ist ein Telefonieren unterwegs immer möglich und auch der Kontakt zu Setra ist leicht herstellbar.
Es geht los...
Segensreich, dass wir so früh starteten. Das Leben in Madagaskar wird mit dem Hellwerden bunt und lärmig. Die Straßen füllen sich. Und so machten wir uns auf der RN7, der Nationalstraße gen Süden, auf den Weg aus dem Moloch Antananarivo mit seinen verstopften Straßen und der Millionenbevölkerung. Setra meinte, dass Tana, wie es abgekürzt genannt wird, inoffiziell mittlerweile 5 Millionen Einwohner hat.
Ein Aufatmen – der Verkehr wird dünner und wir kommen raus aufs Land, sehen Reisfelder und nehmen das intensive Grün des „Baby-Reis“, der Reissetzlinge, dankbar in uns auf. Nur wenige Felder sind bestellt. Man wartet noch auf den Regensegen. Zwei bis dreimal kann man im Jahr ernten. Wenn die Reisfelder trocken liegen, wird der lehmige Boden zur Ziegelfertigung verwendet. Nicht solche Ziegel, wie wir sie kennen. Es sind Vollziegel, die man aufschichtet und dann über Tage und Wochen brennt. Dennoch erscheinen sie nicht sehr belastbar.
Mütter mit ihren Kindern sind immer wieder Fotomotive. Ruhig und gelassen sind die Kinder in der Rückentrage, die aus einem umgebundenen Tuch besteht. Oder sie spielen, auf dem staubigen Boden sitzend, mit Kleinigkeiten wie Steine, ein Stück Holz oder Ähnlichem.
Die Landschaft wird bergiger. Setra weiß, dass wir keine Raserei auf der Straße lieben und lässt drängelnde Autofahrer vorbei. Wir genießen die Schaukelei im Auto. Nach zwei Stunden fahren wir ein Café an und trinken alle Drei einen Espresso – das ist Reisen.
Unterwegs - Menschen, die hart arbeiten. Sei es, dass sie Steine klopfen oder dass sie auf den Reisfeldern buckeln. Man ist emsig und ausdauernd, auch bei glühender Sonne. Frauen versuchen, Selbstgebackenes oder Ernteerträge zu verkaufen und sitzen dabei bis abends geduldig und in Hoffnung, etwas dazu zu verdienen. Auch Frauen helfen beim Steineklopfen. Eine verschleißende und kräftezehrende Aufgabe.
2.11.2018
Am Vorabend macht uns Setra den Vorschlag, einen Führer zu einem Seengebiet in der Nähe zu nehmen. Wir hatten mittlerweile aber schon eine Alternative ausgearbeitet. Der Berg Ibity (2.260 m) hat es Hans angetan. Wir nutzen unterwegs den Kindle-Führer von Bradt, der ausführlich über Tourmöglichkeiten beschreibt. Am Ibity soll es Quartze, Turmaline und andere nette Steinfunde geben.
Wir begeben uns damit auf Neuland, denn für Setra ist dieses Ziel unbekannt. Aber wir wollen uns ja Madagaskar selber erarbeiten – also los.
Nach gut 90 Minuten Fahrt für ca. 25 Kilometer (zuletzt über Piste) stehen wir an einer Barriere. Wir sollen 10.000 Ariary (2,50 €) für den Zugang in das Gebiet um den Ibity bezahlen. Etwas zögerlich rücken wir einen 20.000 MGA-Schein heraus. Hans hat das mit Absicht getan. Mal schauen, ob sie das Rückgeld herausgeben können. Dann Diskussion und wir erhalten unser Geld zurück. Setra meinte, der Boss sei gerade hier gewesen und hat den Schrankenwärtern angewiesen, dass sie von uns kein Geld verlangen dürfen. Ok, wir sollten wohl das Mittagessen der Wärter spendieren. Die Schranke dient als Zugangskontrolle für die große Zementfabrik HOLCIM, die sich unterhalb des Ibity befindet.
Nach mehrmaligem Durchfragen wegen des Wanderweges auf den Ibity landen wir in der örtlichen Mairie, dem Bürgermeisteramt. Man macht uns klar, dass wir hier ein geschütztes Gebiet haben und wir für die Wanderung samt Führer zu zahlen hätten. Nun sitzen wir am Tisch in der Mairie und diskutieren erneut. Wir wollen keine Führung in irgendwelche Steinläden oder zu irgendeiner Grotte. Wir wollen auf den Gipfel und laut Hans: Ohne großes Geplapper. Nur Natur erleben.
Das versuche ich dem Führer auf französisch zu erklären. Wir sind am Ende um 50.000 MGA leichter und streben alle Drei mit Führer voran gen Berg. Doch halt: Direkt vor der Mairie findet Hans einen ersten Stein, einen recht ansehnlichen und soliden Rosenquartz. Das treibt die Füße voran.
Es wird ein langer, steiler Zustieg von 600 Hm und ca. 7 km. Unterwegs finden wir hübsche Pflanzen. Die Aloe kommt in verschiedenen Formen vor. Und es gibt die Pachypodien. Setra meint, sie sehen wie Ingwerwurzeln aus.
Es ist schweißtreibend. Der Weg führt über mehrere abgestufte Berghänge nach oben. Am Gipfel machen wir endlich Rast. Wir Drei sind ausgepumpt. Unser Führer scheint noch recht fit zu sein. In seinen Gummischläppchen ist er munter voran geschritten.
Setra und ich haben mächtig Hunger. Da Willy, unser Führer, kein Wasser mitgenommen hat, teilen wir unsere Wasservorräte und den Proviant.
Die Aussicht ist nicht sehr gut, denn Dunst und auch Rauch vom Abbrennen der Felder, lässt die Umgebung nur undeutlich erkennen. Aber wir haben unsere eigenen Highlights: Auf dem Abstieg finden wir Chamäleons. Wir haben uns diese kleinen Reptilien doch etwas größer vorgestellt. Hier im Bergland finden wir nur diese Zwergformen. Aber sie sind niedlich mit ihren wechselnden Farben. Eines betrachten wir uns näher und man kann deutlich die Rundum-Augen erkennen, die sich unabhängig voneinander bewegen können.
Hans hält wacker durch trotz der Knieprobleme. Allerdings wählt Willy beim Abstieg einen Umweg, was so nicht vorgesehen war. Vermutlich wollte er an einer Quelle vorbei, wo er schnell sein Wasser auffüllt. Somit wird das Ganze mit seinen 17 km und noch mehr Höhenmetern doch etwas grenzwertig für uns. Dankbar setzen wir uns ins Auto. Angekommen in Antsirabe, wählen wir gleich einen Shoprite zur Erstversorgung. Für jeden eine Cola ist gerade richtig zur Auffrischung.
Beim örtlichen Shoprite gibt es eine kleine „Kinder-Gang“, die in schmutziger Kleidung die Einkäufer abwarten und betteln. Uns kennen sie schon, gaben wir das letzte Mal doch Mineralwasser an die Kinder. Heute werden wir umringt und auch der eine oder andere Griff in den Einkaufswagen erfolgt. Wir verstauen rasch unser Eingekauftes, doch die Kinderschar hängt mit ihren Köpfen bereits im Kofferraum des Golf Variant. Hans verteilt hurtig etwas Wasser und dann schnell ins Auto. Setra weist die Kinder auf Malagassy zurecht.
Wir sind froh, als wir das Hotel erreichen und wir uns in die Ruhe unseres Zimmers zurückziehen können. Die Nächte sind kurz. Morgens ab 5 Uhr fahren die ersten Zebu-Karren (Zebus sind die aus Indien kommende Kühe mit Höckern) über das Kopfsteinpflaster und die Welt um uns herum erwacht bereits wieder.
3. November 2018
Wir wollen nicht gleich zum Nationalpark Ranomafana durchrasen und entscheiden uns für eine Zwischenübernachtung in Ambositra.
Setra hält unterwegs an einem Reisfeld an der Straße, wo wir die Frauen beim Setzen der Reissetzlinge betrachten können. Wir gehen weiter und machen Halt an einer Kindergruppe, die sich sichtlich freut, als ich Fotos mache. Sie haben ihren Spaß, als ich ihnen den Fotoapparat für ein Selfie entgegenstrecke. Setra holt Bananen aus dem Auto und wir verteilen sie in Stücken an die Kinderschar.
Weitere Eindrücke von unterwegs:
Ambositra ist bekannt für seine Holzschnitzereien. Ich schlendere über den Samstagsmarkt. Mein Ziel sind keine Holzschnitzereien. Für Souvenirs haben wir in unserem Landrover eh keinen Platz.
Nein - ich suche eine saubere Bäckerei, um uns für unser Frühstück am nächsten Morgen zu versorgen. Ein schwieriges Unterfangen. Die Stadt ist nicht klein. Aber die Versorgung erfolgt vielfach über den Straßenmarkt. Und da ist mir bange wegen der Hygiene. Nach 2 km Weg finde ich ein Restaurant, was auch ansehnliche Backwaren hat. Frühstück gerettet.
Impressionen von unterwegs
Unser "Grand Hotel" in Ambositra lässt etwas an Komfort wünschen. In den Zimmern riecht es nach Schimmel und wir müssen außerhalb auf die Toilette. Aber es ist zumindest sauber. Im Innenhof spielt sich das Familienleben des Besitzers und der Beschäftigten ab. Die Kinder spielen, Babys werden gestillt und Arbeiter sind an Renovationen. Wir beobachten an einer Traveller-Palm (Baum der Reisenden) das Leben der Geckos. Große Spinnen haben ihre Netze an der Palme und am Dach des Hotels gewoben.
4. November 2018
Das Auto rollt wieder zum nächsten Bestimmungsort. Es ist Sonntag. Viele madagassische Frauen, Kinder und auch die Männer haben sich für den Gang zur Kirche fein angezogen. Mir gefallen die bunten Strohhüte. Die Frauen verstehen es, sich nett, teilweise elegant, zu kleiden. Das ergibt einen Kontrast zu der staubigen Umgebung. Wir sehen an der Kleidung, dass wir es hier mit einem anderen Volksstamm zu tun haben. Die Kopfbedeckung weist darauf hin.
Unterwegs begegnet uns wieder das gleiche Bild. Noch ist es größtenteils eine braune Landschaft. Die Regenzeit lässt noch auf sich warten. Nur bewässerte Reisfelder sorgen für grüne Flecken im Landschaftsbild. Die Madagassen essen normalerweise dreimal am Tag Reis. Der Reis wird nach der Trocknungsphase geschält. Es ist also weißer Reis. Auch unser Fahrer nimmt diese recht günstige Ernährungsform zu sich. Sein Wahlspruch ist: "No rice, no life." (Kein Reis, kein Leben). Seine Unterkunft und seine Mahlzeiten muss Setra selbst tragen. Oft kann er aber umsonst in einem sogenannten Bunkroom mit mehreren Betten im gleichen Hotel übernachten. Und Setra wird bei seiner Versorgung von uns immer wieder unterstützt.
Setra hat verstanden, dass wir auch auf unseren Überlandfahrten gerne viel sehen möchten. Auch Aussteigen, Kontakte mit der Bevölkerung, sind von uns erwünscht. Er versteht es gut, sein jugendliches Fahrtemperament zu zügeln und mit uns durch die Gegend zu gondeln. Auf Wunsch von Hans zuckeln wir somit auch manchmal hinter LKWs her, die langsam durch die Berge kurven. Und somit kann ich auch aus dem Auto Fotos schießen....
Wir kommen in Ranomafana, einer kleinen Siedlung in Nähe des Nationalparks, an und beziehen unseren hübschen Bungalow am Fluss. Welch Gegensatz zu den bisherigen Unterkünften! Ruhe umgibt uns, nur die Kinder am anderen Ufer und die Waschfrauen sind zu hören. Ein "Baum der Reisenden" steht direkt neben unserem Wahldomizil. Wir fühlen uns auf unserer kleinen Terrasse sofort wohl.
Abends hat uns Setra eine kleine Nachterkundung organisiert. Wir lernen unseren Führer Nambinina kennen. Außerhalb des Parkes erspähen wir Chamäleons, Zwerglemuren und Frösche. Damit die Zwerglemuren sich an die Straße wagen, hat Nambinina Baumstämme mit Bananenschale eingerieben. Eifrig sind die Lemuren dabei, die Stämme abzulecken.
5. November 2018
Heute wollen wir den Nationalpark erkunden, der unter anderem die größten Lemuren, die Bambuslemuren, beherbergt. Hans hat sich mit unserem Führer Nambinina auseinander gesetzt und sie haben sich
auf eine 8 Stunden Tour geeinigt. Wir wollen abseits der Touristentouren in Ruhe den Park erkunden und dann bis zum 7 km entfernten Dorf hinunterwandern. Wir haben auch Arlin dabei. Er ist der
Neffe von Nambinina und geht voraus, um Tiere, vor allem Lemuren, zu spotten.
Wir sehen unterwegs verschiedene Arten von Lemuren. Ich habe festgestellt, wie schwierig es ist, in dieser halbdunklen Umgebung des Regenwaldes gute Bilder zu machen. Meist hat man keine große Zeit zu Korrekturen an der Kamera, denn die Lemuren verschwinden schnell wieder in den Baumwipfeln.
Neben den Lemurenarten entdecken wir auch hübsche Tausendfüßler und ein Chamäleon, das sich mal nicht so vor uns versteckt. Auch ein Gecko lässt sich sehen. Es geht im Urwald auf und ab, bis wir zum Schluss auf einem Höhenzug entlanggehen.
Dann geht es endlich bergab und das Dorf Ranomafana ist in Sicht. Es reicht dann auch. Wir erleben das Landleben in den Seitentälern und überqueren zum Schluss die Hängebrücke direkt zu unserer Unterkunft.
Die Ausbeute an Chamäleons reichte uns noch nicht. Also sind wir am nächsten Tag ins nahe gelegene Arboretum gegangen und da haben wir dann unseren Prachtburschen entdeckt. Das war das größte Exemplar, das uns bisher unter unsere Augen kam.
Das Arboretum zeigte eine größere Auswahl an Palmen, Zitrus- und Orangenbäumen sowie Avocado- und Litschibäumchen. Man sieht, dass Bäume aus anderen Erdteilen wie z. B. Asien (Litschi) oder Mittelamerika (Avocado) ihre Heimat in Madagaskar gefunden haben. Die Zitronenblüten riechen wie Jasmin. Ein ähnliches Erlebnis wie auf der Orangenfarm in Südafrika.
7. November 2018
Heute sind Wahlen in Madagaskar. Die letzten Tage hatten wir immer wieder Propagandaveranstaltungen erlebt. Die Wahl war in aller Munde. Auch die Führer erzählten uns von ihren Favoriten. Natürlich war für sie wichtig, welche Wahlprogramme oder eher Versprechungen die jeweiligen Kandidaten verteilten.
Wir fahren etwa 150 km weiter nach Ambavalao. Gestern hatten wir uns nochmals zusammengesetzt und die Tage bis zum Ablauf unseres Visums am 27. November durchgeplant. Der Plan, im Andringitra-Massiv eine Wanderung durchzuführen, wurde auf die Rückreise verlegt. Wir empfanden die 3-stündige Anreise mit 4x4-Fahrzeug zu den Bergen als zu aufwändig. Wir müssen ja für unsere Rückfahrt auch noch Programmpunkte offen halten. Und wenn es uns zu teuer erscheint, orientieren wir uns einfach um.
Ambavalao ist ein sehr kleiner Ort. Touristische Punkte sind eine kleine Papierschöpferei und das Herstellen von Seide in Manufaktur. Wir haben uns die Papierherstellung angeschaut, waren aber mehr an dem Leben auf dem Dorfplatz interessiert als am Kauf von irgendwelchen Souvenirs.
Wahnsinn, wie viele kleine Kinder wir auf dem Rücken ihrer (oft noch jungen) Mütter sehen. Oder manchmal auch im Dreck und Staub krabbelnd auf dem Boden. Madagaskar muss ein hohes Bevölkerungswachstum haben. Setra berichtet uns, dass Familien mit 7 Kindern keine Seltenheit sind. Mädchen auf dem Lande, die keinen Zugang zur Schule haben, heiraten manchmal schon mit 14 und der erste Kindersegen ist dann auch nicht fern. Wie kann dieses Land prosperieren, wenn weiterhin so viele Kinder in die Welt gesetzt werden?
Wir fahren nach Ranohira, dem Ausgangspunkt zum Isalo Nationalpark. Hier erwartet uns kein Regenwald, sondern ein kleines Gebirge mit erfrischenden Pools in Canyons und hoffentlich auch viel Tierwelt.
Unterwegs werden wir hin und wieder von Polizeikontrollen angehalten. Es ist beruhigend, dass Setra am Steuer sitzt und wir keine kleinen Erpressungen von korrupten Beamten zu erwarten haben. Diesmal wollen sie unsere Reisepässe sehen. Etwas missmutig krame ich meinen großen Rucksack hervor und bringe nach etwas Sucherei das Gewünschte. Eine kleine Trietzerei, finde ich.
Wir haben jetzt eine kargere Bergwelt vor uns. Trockene Graslandschaften und imposante Granithügel und -berge sind sichtbar.
In Ihosy entdecken wir eine kleine Bäckerei mit Leckereien wie Pain au Chocolat oder Rosinenschnecken. Unser morgiges Frühstück ist gesichert. Ja, Setra hat es noch nicht erlebt, dass sich seine Fahrgäste selbst teilversorgen. Abends gehen wir meist essen. Manchmal auch mittags. Aber das Frühstück wird selbst zubereitet. Unser Wasserkocher aus Antananarivo und das mitgebrachte Kaffeepulver sind Grundlagen für unser Frühstücksritual.
An der Bäckerei kommt ein Junge auf uns zu. Schneller Griff in die Zauberkiste: Er erhält eine Banane, die er etwas verschämt hinter einem Lattenzaun sofort verspeist.
Mir gefallen immer wieder die Hüte, die die madagassischen Frauen tragen. Ein buntes Straßenbild. Manche Frauen haben ihr Gesicht mit einer "Schönheits"-Maske verziert. Es soll auch vor der heißen Sonne schützen.
In Ranohira gibt es dann Einiges zu regeln. Der Führer für den Nationalpark und das Taxi zum Eingang sind zu finden. So langsam sind wir genervt, dass wir bei jedem Nationalpark einen Führer brauchen. Daher haben wir auch einen kurzen Zwischenaufenthalt im kommunalen Anja Reserve abgeblasen. Die Kosten für einen Kurzaufenthalt mit Führung erschienen uns unverhältnismässig hoch. Für den Isalo Park geben wir nun für einen Tag insgesamt 80 € für Eintritt, Führer und Taxi aus. Wenn man das monatliche Durchschnittseinkommen anschaut (ca. 120 € für z. B. einen Lehrer), dann hinkt der Vergleich mächtig. Wir wollen dieses Land der dritten Welt unterstützen, sehen aber auch die Notwendigkeit, dass Verhältnisse gewahrt bleiben. Setra erhält den Zugang für 50 Eurocent. Welch Unterschied!
Unser Taxi, ein alter Peugeot 505. Wir stauen nicht schlecht und sind gespannt, ob wir unser Ziel damit erreichen...
Damit wir etwas auf unsere Wanderkosten kommen, haben wir eine 8-stündige Parkbegehung vereinbart. Wir brechen um 7 Uhr auf und begeben uns zuerst auf einen 100 m Anstieg zu einem Höhenzug. Dieser erlaubt uns prächtige Rundblicke. Pachypodien sind wieder zu entdecken. Mir gefallen die "Dickfüßler".
Unvermutet kommt vor uns eine Gruppe "Ringtails" oder "Kattas" (Lemuren Ringbeutler) auf den Weg. Putzig sehen sie aus mit ihren aufgestellten Schwänzen. Ein Kleines reitet auf der Mutter. Vielleicht gerade mal 1-2 Monate alt.
Und - wir sehen tolle Reptilien. In einem kleinen Canyon verkriecht sich eine Nördliche Madagaskar-Boa (auch "Ground Boa" genannt) vor unseren Blicken. Dann ein Madagaskar Stachelschwanz-Leguan ("Spiny Tail Iguana" genannt) und ein Chamäleon.
Es gibt romantische Badetümpel an unserem Wanderweg. Mittlerweile ist es später Vormittag und es wird brütend heiß. Ich begebe mich auch in dieses kühle Naß.
An einem Rastplatz im Seitental tummeln sich Ringbeutler. Endlich bekomme ich die sie noch dichter vor die Linse. Auch ein Sifaka-Lemur ist im Wald zu sehen. Er ist völlig weiß und hat ein niedliches Gesicht. Scheinbar ungerührt nascht er hoch oben über uns von den Blättern.
Wir lieben die Chamäleons. Auf dem Rückweg lässt Feno, unsere Spezialführer für diesen Tag, nochmals das Taxi anhalten. In einer Ecke entdecken wir einige größere Prachtexemplare.
10. November 2018
Das Auto rollt wieder. Wir müssen uns entscheiden, ob wir in Ilakaka eine kleine Minenbesichtigung machen. Hans ist schon neugierig, aber wir können uns nicht vorstellen, dass wir im Saphir-Bergbau viel zu sehen bekommen. Daher ist die Richtung klar: Es geht an die Küste nach Tulear.
Als wir in Ilakak durchfahren, sind wir froh, dort nicht anhalten zu müssen. Dieses Kleinstädtchen ist seit den ersten Saphir-Funden enorm angewachsen. Es tummeln sich viele Malegassen dort, die ihr Glück bei der Arbeit im Bergwerk suchen. Längst haben aber andere Bevölkerungsschichten das Sagen. Thais und Besitzer aus Sri Lanka schöpfen im Handel Saphire ab und bringen sie außer Landes. Anscheinend sollen 50 % der Saphire, die sich weltweit im Umlauf befinden aus madagassischen Funden stammen.
Welch Kontrast: Wäsche-Waschen am Fluß in Ilakaka und etwas außerhalb der Siedlung die Suche in Flußsedimenten beim Panning.
Es ist sehr heiß. Für eine Pause wählen wir das Arboretum von Antsokay aus. Zuerst gibt es etwas für das Magenwohl und ein Päuschen, bevor wir uns auf den oft schattenlosen Rundgang begeben.
Wir lernen die Unterschiede zwischen echtem Affenbrotbaum (Baobab) und dem falschen Baobab, dem Moringa-Baum kennen. Also haben wir unterwegs im Fotoeifer den Moringa abgelichtet, der sich durch gräuliche Rinde und lange, hülsenfruchtförmige Früchte vom Baobab unterscheidet. Der Baobab wird u. a. zum Bau von Piroggen verwendet und ist eine sehr langsam wachsende Baumart. Nur 1 cm jährlich schreitet sein Wachstum fort. Bedeutet: Bäume mit einem Stammumfang von einem Meter sind 100 Jahre alt!
links: Moringa-Baum. rechts: Affenbrotbaum
Tulear an der Küste zur "Straße von Mosambik" im Indischen Ozean ist die Stadt der Fahrradrikschas. Sie sind eindeutig in der Überzahl. Nach kurzem Einkauf im Supermarkt flüchten wir uns in den kleinen Ort Mangily, eine Stunde von Tulear entfernt.
Wir beziehen unseren kleinen Bungalow bei "Sur la Plage" und wollen uns nach der ganztägigen Fahrerei erholen. Doch zuerst müssen wir uns mit anderen Bungalow-Bewohnern arrangieren. Zwei Geckos an der Wand erfreuen uns. Sie halten uns den Bungalow von Insekten fern. Doch was abends im Bad zwischen meinen Füßen durchhuschte, war dann weniger angenehm: Haben wir doch tatsächlich Ratten im Haus. Es fühlte sich sehr groß und wollig an. Die Ratte flüchtete sofort ins Obergeschoss, wo sie dann von Hans gesichtet wurde. Relativierte 10 cm groß war das Vieh.
Am nächsten Morgen vermissten wir dann unsere kleine Handseife. Alles klar. Morgens raschelte es und das liebe Rattenvieh hat uns doch tatsächlich der Seife beraubt. Bestimmt nicht die richtige Ernährungsweise für das Nagetier.
Was tun? Der Besitzer von "Sur la Plage" gab uns so eine chinesische Rattenfalle mit, die aus einem auseinander zu faltenden Klebepapier mit Lockfutter bestand. Fragt sich nur: Was macht man, wenn die Ratte dann beim Futtern daran kleben bleibt? Die Lösung blieb uns überlassen.
Dann hat es leider nicht die Ratte erwischt, die sich mittlerweile in Gesellschaft abends zum Tanz auf dem Dachboden einfindet. Zumindest hörte es sich so an. Nein, unsere lieben Geckos klebten am nächsten Morgen auf dem Papier! Es tat uns in der Seele leid. Hans löste die Tiere und versuchte in Engelsgeduld mit Seife, Creme und Gerubbele dem fädrigen Klebstoff beizukommen. Keine Chance bei den dünnen Füßchen, die immer wieder an dem Leib klebten. Nach dem vergeblichen Rettungsversuch blieb nur noch der schnelle Gnadentod, denn die Tiere waren nicht mehr fähig zu gehen und zu überleben. Ein trauriges Ende, das Herzeleid brachte - das doofe Ratten-Fallen-Papier haben wir gleich wieder entfernt.
11. November 2018
Setra entführt uns zum "Renaia-Forest". Hier in der Halbwüste von Süd-Madagaskar findet sich ein eigener Baumbewuchs. Neben den Baobabs gibt es vor allem Sukkulenten und Kakteenformen. Ganz interessant sind die Oktopus-Bäume, die mit ihren Armen wie Tintenfische oder Kraken aussehen.
Wir sehen hier Affenbrotbäume (Baobabs) mit einem enormen Dickenwachstum. Die Bäume sind bis zu 1.200 Jahre alt! Manch ein Baum lädt zum Klettern ein.
Auch die Vogelwelt Madagaskars wird uns näher gebracht. Unser Führer ist ständig auf der Suche nach Fotomotiven und kann die Vogelstimmen unterscheiden.
Hans wollte natürlich noch ein Chamäleon sehen. Also gingen sie im Dickicht auf Suche...
Am Eingang des Arboretums gab es einen kleinen Markt mit Souvenirs. Hier entstand mein Lieblingsbild aus Madagaskar. Die junge Dame willigte in das Photo ein und es wurde ein Schnappschuss vor dem bunten Hintergrund mit angebotenen Pareo-Tüchern.
12. November 2018
Am Nachmittag des Vortages hat uns tatsächlich die "Rache Montezumas" erwischt und wir befanden uns nur im Wandelgang zwischen Toilette und Bett. Nach etwas Abstinenz und Tee war unserem Magen am nächsten Tag wieder wohl und wollte auf Schnorchel-Tour gehen. Wir sind in einer Pirogge zum Massif des Roses gesegelt, was sich 30 Minuten entfernt vor dem Hauptriff befindet. Wieso es Massif des Roses heißt, könnt ihr auf den Unterwasserbildern sehen. Nach etwas Verhandlung konnte Setra mitkommen und so hatten wir alle Drei unseren kleinen Sportspaß.
Vor dem Start gab es noch ein Debakel um die Schnorchelausrüstung. Da passte mein Schnorchel nicht (so ein großes Mundwerk habe ich nun doch nicht, auch wenn es mir angedichtet wird) und mit Kinderflossen wollten wir auch nicht unterwegs sein. Aber der drohende Verlust des Geschäfts machte "mon Capitaine" dann Beine und er suchte in einer Dreiviertelstunde eilends die Tauchbasen nach halbwegs akzeptablem Material ab. Dann wurden die Segel gesetzt und los ging's...
Wir schwitzen uns hier in Mangily zu Tode. Mittlerweile mutiere ich zum Vielfach-Duscher, um ein bisschen Abkühlung zu erhalten. Es fehlt uns an Ideen zur
Betätigung und die Hitze erstickt jeglichen Willen zum Sport. Wir entscheiden, irgendwelche Spaziergänge oder Wanderungen lieber in den Regenwald um Ranomafana zu verlegen. Also haben wir somit
unseren Umkehrpunkt festgelegt. Es geht wieder zurück.
13. November 2018
Frühstart um 6 Uhr. Der Morgenwind weht uns im Auto um die Nase und wir nehmen mit unseren Augen die frühaktive Welt in Madagaskar auf. In Tulear machen wir halt, damit sich Setra mit Morgenkaffee bzw. Reis stärken kann. Und sollte das einmal ausfallen, haben wir vorgesorgt. Es liegen für Setra jederzeit Kaffeebonbons bereit, die allerdings immer weniger werden, weil wir diese manchmal unterwegs verteilen (mangels Bananen oder Brot...).
Hans und ich haben uns vorgenommen, auf der Rücktour "unser eigenes Ding zu machen". Also unsere Betätigungen in freier Entscheidung zu legen. Setra wollen wir dazu nicht einweihen, damit er keine Krise schiebt, wir würden uns in verbotenem "Guide-Terrain" bewegen.
Auf der Zwischenstation Ranohira am Isalo Nationalpark stiefelten wir abends dann selbst los gen Nationalpark-Eingang. Diese uns angegebenen 7 km schmolzen dann zu realen max. 4 km zusammen, die man auch mit unserem Fahrzeug bewältigt hätte. Also liebe Leute: Wer zum Isalo Nationalpark will, braucht lediglich für die Hinfahrt ein Buschtaxi, weil es da einen kleinen Bachlauf zu durchqueren gilt. Nicht-Fußlahme kriegen den Rückweg zum Ort selbst hin.
Wir wollten auf diesem Weg unsere bekannte Chamäleons besuchen. Fehlanzeige. Unsere Vermutung, dass Chamäleons Standardbäume haben, wurde hier widerlegt. Aber sie haben zumindest Lieblingsbaumarten. Dem Luchsauge von Hans entgeht nichts.
14. November 2018
Weiter gen Norden. Heute steht uns eine lange Tagesetappe bis zum Ranomafana Nationalpark bevor.
In Ambalavao biegt Setra zum Zonga-Hotel und Restaurant ein. Er kennt unsere Vorliebe für Gartenanlagen und - auch für unsere endemischen Vierbeiner. Während ich auf unser zweites Frühstück
warte, ist Hans schon im Garten. Hier wird er sein Kleingeld los, denn die Gartenarbeiter haben begriffen: Mit Chamäleons lässt sich schnell Geld machen. 500 Ariary sind Hans eine Entdeckung wert
und es entwickelt sich unter den Arbeitern ein kleiner Run um einen Zuverdienst. Recht bald höre ich die erregten Rufe meines Göttergatten...
Die Chamäleon-Dame auf dem letzten Bild plustert sich nicht etwa wegen uns auf. Nein - auf dem Ast gegenüber sitzt ein kapitales Männchen. Fragt sich nur, was sie ausdrücken will. "Ich habe Lust!" oder "Lass mich in Ruhe, du Eumel!" Wir haben nicht die Zeit, um es herauszufinden...
Zurückgelehnt wie eine Diva in Limousine betrachte ich das vorbeiziehende Landleben. Hin und wieder wird die Kamera gezückt.
Halbe Selbstversorger wie wir müssen auch an Vitaminzufuhr denken. Mit Setra als Handelspartner ist der Einkauf kein Problem. Diesmal wollen wir gleich einen ganzen Eimer voller Mangos einkaufen. Wir haben festgestellt: Auch die Mangos mit grüner Schale schmecken vortrefflich. So ein Eimer voller Köstlichkeiten kostete uns mit Verhandlungsgeschick 75 Eurocent (12 Stück). Dass unser Guide auch mit Vitaminen von uns versorgt wird, ist Ehrensache. Das ist dann das Bakshish für's Verhandeln.
Anscheinend holt uns die Regensaison nun ein. Im leichten Dauerregen treffen wir in Ranomafana ein, wo wir schon mit Willkommens-Lächeln unseren Stammbungalow erwarten. Was nun? Wir wollten am nächsten Tag (psst, Setra soll nichts davon wissen) eigentlich in die Berge hochsteigen, ggf. bis zum Nationalparkeingang.
15. November 2018
Die ganze Nacht begleitet uns leichtes Getrommele auf unser Blechdach. Morgens regnet es immer noch. Wir beobachten vom Frühstücksstandort "Terrasse", wie die Kinder zur Schule gehen. Dann Entscheidung: Auch wir sind nicht aus Pappe. Heute gibt es eben einen Gore-Bekleidungstest. Um eine Schlammschlacht zu umgehen, stiefeln wir so im Schnell-(Stech-) Schritt auf der wenig befahrenen Straße und legen so 9 km auf den Asphalt. Nebenbei gibt es Konversationsübungen in Malagasy: Salama (Hallo), Inona no vaovao (Was gibt's Neues), tsy misy (keine Neuigkeiten)… So ein bisschen Malagasy habe ich schon inhaliert und quittiere immer ein dankbares Lächeln.
Setra meint, dass außerhalb des Regenwaldes gute Wetteraussichten bestehen. Also Abkürzung unseres Aufenthaltes und Abfahrt gegen 11 Uhr in Richtung Antsirabe, was vier Autostunden von Antananarivo entfernt liegt. Und Setra hat Recht gehabt: Es gab ein Fotowetterchen. Wir fahren wieder an Honigverkäufern vorbei (Tapia- oder Eukalyptushonig), erleben die Arbeit auf Reisfeldern, sehen Freiluft-Kfz-Werkstätten - viel Augennahrung zum Aufnehmen und Verarbeiten.
Die Zafimanyri-Stämme sind hier in der Bergwelt beheimatet. Das Mädchen rechts trägt die typische Kopfbedeckung. Die Stammesangehörigen haben Geschick im Handwerk. So entstehen z. B. Holzschnitzereien.
Eines kann man sagen: Die Menschen in Madagaskar haben eine positive Einstellung zu Arbeit (anders als in Südafrika...) Da es an Maschinen fehlt, führen sie die Tätigkeiten manuell oder mit Hilfe ihrer Tiere aus. Diese Arbeitsteilung gibt Vielen eine Beschäftigung und damit auch sinnhaftes Erleben - selbst wenn es archaisch und körperverschleißend zugeht.
Und immer wieder sind es die Menschen am Straßenrand und deren Gesichter, die ihr Leben wiederspiegeln, die mich zum Fotografieren bringen.
Es ist Abend. Ein ganzer Tag Autofahren liegt hinter uns. Mit den letzten Sonnenstrahlen und nach etwas Suche nach einem Domizil biegen wir auf den Parkplatz des "Hotel du Trianon" in Antsirabe ein. Hier ist uns eine gute französische Küche sicher.
Was nun? Wir haben unseren eigenen Zeitplan überholt und haben bis zu unserem gebuchten Abflug am 24. November noch 9 Tage Zeit. Also brüten wir über unseren Reiseunterlagen.
Die Regenzeit kommt und Hans schaut mit kritischem Blick auf das abgefahrene Reifenprofil des Golf Variant. Auf trockener Straße noch leidlich brauchbar, wurde es uns dann auf regennasser
Fahrbahn um Ranomafana doch zu mulmig. Auch Setra findet, dass ein Reifentausch angebracht ist. Er organisiert per Anruf an seinen Boss vier neue Füße für unser Reisegefährt. Idee ist, über
Antananarivo zum nordöstlich gelegenen Nationalpark Antsirabe zu fahren. Dann könnte man in der Hauptstadt den Reifentausch vornehmen.
16. November 2018
Wie schon so oft, sind am nächsten Morgen wieder andere Ideen zum Vorschein gekommen. Wir haben noch so viel Zeit. Da passt doch der Abstecher nach Morondava zur "Baobab-Allee" mit insgesamt vier Tagen Hin- und Rückreise ins Reisekonzept. Diese Idee war früher schon aufgekeimt und wurde nun wieder über Nacht aus der Wundertüte geholt. Die Reifen in "Tana" können warten.
Setra ist äußerst flexibel, was die Reisegestaltung angeht. Er fühlt sich hinter dem Steuer "seines" Golf sowieso immer wohl. Die erste Frage morgens ist daher meistens:
"Inona no vaovao?" (Was gibt's Neues?)
"Wir wollen nach Morondava""
Und was macht der gute Junge? Er organisiert flugs einen Transport der vier Reifen per Taxi-Brousse nach Morondava. Dort befindet sich auch eine Zweigstelle der Gesellschaft Madagaskar-Touring. Und der Reifentausch kann nun dort stattfinden! Das ist toll. Somit sparen wir wieder wertvolle Reisezeit und unnötige Zwischenaufenthalte im smoggefüllten Hauptstadtmoloch.
Bevor wir uns wieder auf die Nationalstraße, diesmal wieder gen Westen nach Miandrivazo als erstes Etappenziel, begeben, entstanden am Bahnhofsvorplatz Bilder, die unseren Enkel Tim in Begeisterungsstürme versetzen würden. Hat er doch selbst so ein batteriegetriebenes Vehikel zu Hause, was aber mittlerweile wegen ständig abgefahrener Reifen (ja, Timmi kann mit seinen 3 Jahren schon gut um die Kurve driften) außer Betrieb gesetzt wurde. Hier hätten wir ihn einen halben Tag abgeben können und Tim hätte die Region unsicher gemacht.
Für die Bilder bin ich wieder Bonbons los geworden. So langsam habe ich das Gefühl, ich muss Zahnbürsten für die madagassischen Kinder einkaufen gehen...
Auf der Karte unten sieht man den Abstecher nach Morondava, der über Miadrivazo führt. Es geht also wieder von Antsirabe nach Westen. Gleichzeitig bedeutet das eine Fahrt von 1.500 m auf Meeresniveau. Welche Hitze wird uns dieses Mal erwarten?
Auf der Fahrt nach Miandrivazo hat Setra an einer Brücke gehalten. Hier konnten wir nochmals sehen, wie (vermutlich) goldhaltiges Gestein zuerst zermahlen und dann von den Frauen vorsichtig im Bach ausgewaschen wird.
Allerdings gab es auch "Brücken-Wegelagerer". Schnell war unser Auto von kurzbeinigen Zweifüßlern umlagert.
Ich habe immer gedacht, ich bin der Humanist in unserer Ehe. Aber auch Hans war diesmal nicht abgenervt von der Bettelei, sondern versuchte tapfer, sein Bananenpaar halbwegs zu verteilen. Da hatte ihm doch ein kleiner Spitzbub schon eine Banane entrissen und floh eilends von dannen, bevor er Gruppenprügel erhielt.
Die restliche Banane konnte man nicht durch 10 oder 15 teilen...
Für mich war es ein Spaß, diesen verzweifelten Verteilungsversuch mit Fotoklicks zu begleiten!
Über Miandrivazo verlieren wir keine großen Worte. Unser Glück war es, dass wir einen funktionierenden Fan im Zimmer hatten und der Strom erst so um 4:30 Uhr morgens ausfiel. Also ließen wir uns
die ganze Nacht bepusten.
Vorher hatten wir noch Arbeit, unser Moskitonetz von Rattenkötteln zu befreien. Über unserem Zimmer war der Dachboden und die Decke war beileibe nicht "kotsicher". Hans ist (Über-)
Lebenskünstler. Moskitonetz wurde entfernt, aus dem Fenster geschüttelt und dann musste ein Leintuch zur Abdeckung unseres Moskito-Netzhimmels herhalten. Es sollte nichts mehr zu uns
herunterfallen. Hygiene auf Minimallevel.
Damit war auch klar. Das Domizil "Le Pirogue" wurde mangels Alternativen zwar gewählt, wird aber nicht mehr auf der Rückreise angefahren. Um nicht noch einmal ein Übernachtungsproblem zu kreieren, wurde das nächste Hotel gleich telefonisch reserviert. Hier macht sich wieder einmal unsere madagassische SIM-Card nützlich. Wir unterlassen es mittlerweile, per booking.com zu buchen, weil wir günstiger an Hotelzimmer per telefonischer Vorbuchung herankommen. Zwischendurch wählten wir aber auch die Variante, bei gutem Angebot einfach vor Ort zu schauen und uns die Zimmer erst einmal anzuschauen. Matrazentest muss mittlerweile auch immer sein, weil wir auch schon "harte" Nächte durchlebt haben.
Die Kinder, die gestern schon vor unserem Fenster bettelnd herumlungerten, erhielten heute morgen ein Brötchen. Das dankbare "Merci" tönte mir beim Abschied noch in den Ohren.
17. November 2018
Morondava - wieder Strandleben, wieder schwüle Hitze wie auch schon in Mangily. Aber wir wollten es so.
Der Tagesablauf ist klar: Wir leben uns in unserem Bungalow in "Les Bougainvilliers" ein, genießen das Wellenrauschen, während Setra sich um die "Neubesohlung" unseres Fahrzeuges kümmert.
Treffpunkt dann um 15:30 Uhr mit Abfahrt zur Baobab-Allee.
Hat dann alles auch so geklappt. Wir wollten früh an diesem Touristen-Sammelpunkt sein. Die Affenbrotbäume sind hier wuchtig und nirgendswo in Madagaskar gibt es eine derart konzentrierte Ansammlung davon. Ich kann über Fotomotive nicht klagen.
Zwei Mädchen freuen sich, als ich Bilder von ihnen mache und wir gemeinsam die Fotos auf meinem Apparat anschauen. Bonbons gibt es auch, leider ohne Zahnbürsten. Sie zeigen ihre gefundenen Baobab-Früchte.
Wir haben angefangen, unsere leeren PET-Wasserflaschen zu sammeln und sie an die Kinder unterwegs abzugeben. Wasser holen und Wasserbehältnisse sind in Madagaskar enorm wertvoll.
Dann habe ich das Highlight, das ich auf einem Zebu-Karren mitgenommen werde. Zeichensprache funktioniert weltweit. Eigentlich wollte ich auf einem der Zebus reiten, aber ich glaube, das hätte die Tiergemüter sehr geärgert. Mit Lachen wurde ich hinten auf dem Wagen aufgenommen und konnte so Setra und Hans einholen, die sich von mir entfernt hatten.
Unten mein spezieller Zebu-Karren:
Während sich Hans und Setra abseits vom Touristenrummel auf der sandigen Straße (die u. a. auch zu den weltbekannten Tsingys führt) weiterbewegten, konnten sie eine Baobab-Frucht erstehen. Ich wusste schon von meinen Klienten, dass das Innere genießbar ist. Es fühlt sich im Mund ein bisschen wie Kaugummi an. Eigentlich ist es mehr ein Kerne-Lutschen, wenn auch mit angenehmem saurem Geschmack.
Achtung! Die Baobabs bei Morondava haben es in sich und man kann leicht Genickstarre davontragen:
Zurück zum "Touristenteil" der Babab-Allee. Hier Aufnahmen bei Tageslicht:
Was aber die Reisenden hierher bewegt, sind die Aufnahmen beim Sonnenuntergang. Setra berichtete, dass er in einem höllischen Tagesritt per Allrad Touristen von der Hauptstadt zum Sunset zur Allee bringen sollte - das bedeutet durchgehendes Fahren ohne Pausen auf Straßen, die nur so von Schlaglöchern besät sind. Uns haben die zwei Tage Autofahrt schon weichgekocht.
Sunset-Time auf der Baobab Allee:
18. und 19. November 2018
Nach dem schwülheißen Abstecher in den Westen nach Morondava zieht es uns nun wieder zurück in das Hochland von Antsirabe, ca. 500 km entfernt. Also wieder die zwei Tagesritte, um uns nicht über Gebühr zu strapazieren. Die erste Etappe nach Miandrivazo (269 km) kostet uns immerhin satte fünf Autostunden, wobei in diesem Streckenabschnitt die Straße, wenn man sie so nennen darf, noch relativ gut ist.
Mango-Attacke...
Gerne versorgen wir uns von den Händlern unterwegs am Straßenrand mit frischen Früchten. Wir mussten wieder Mangos "tanken". Mittlerweile kennen wir ja das Spiel. Kaum steht unser Auto, gibt es schon den Run der Händler. Diesmal werden wir aber blitzschnell umringt bzw. eingekesselt, so dass es nicht mal angeraten war, auszusteigen. Nachdem die Mädchen mit ihren Eimern und Schüsseln voller Mangos festgestellt hatten, dass Setra zahlen würde (wir hatten kein Kleingeld), wurde in Windeseile die Autoseite gewechselt und nun war sein Fenster belagert. Zwei Eimer voller Mangos für etwas über 50 Eurocent hatte ich dann auf dem Rücksitz zu bunkern.
Es war auf jeden Fall ein Erlebnis. Und somit haben wir auch wieder etwas an Bord, was wir auch einmal verteilen können.
Trockenfische (stinken fürchterlich...) und frische Wäsche. Passt das zusammen?
Früchte-Arrangement: Baobab-Früchte im Angebot.
Man erlebt immer wieder Neues. Dieser Mann nutzt das Gefälle dazu, auf seiner Transportkarre bergab zu sausen. Das zweite Bild ist eine Seitenansicht.
Und immer wieder Kinder..
Wir hielten an der bekannten Brücken-Wegelagerer-Stelle. Diesmal aber in voller Absicht, leere Wasserflaschen an die Kinder abzugeben. Welch Gerangel! Wir hatten uns einen kleinen Jungen
ausgesucht, der von den Anderen an unserer Autotür fast erdrückt wurde. Dabei war er der erste Bittsteller gewesen. Es ist so leicht, ein Lächeln auf ein Kindergesicht zu zaubern.
Und es gibt noch andere junge Darsteller: